Dienstag, 28. Juli 2009

Im neuen Berliner Hauptbahnhof

Bekanntlich nennt sich Hauptbahnhof heute der alte Lehrter Bahnhof, während zuvor der frühere Schlesische Bahnhof, der jetzt als Ostbahnhof bezeichnet wird, Hauptbahnhof genannt wurde.
Vom neuen Hauptbahnhof bin ich schon einiges gewohnt. Als ich dort vor etlichen Monaten einmal etwas länger Aufenthalt hatte und das Gepäck deponieren wollte, sah ich Schilder für den Weg zu den Schließfächern. Als ich eine Zeitlang den zahlreichen Schildern gefolgt war und immer noch kein Schließfach sah, fragte ich einen Bahnbeamten danach. Nein, Schließfächer gebe es noch nicht, erfuhr ich, nur die Schilder waren schon da.

Umsteigen! Da die Berliner S-Bahn zur Zeit weitgehend ausfällt und der Regionalzug Verspätung hat, gilt es schnell in dem übergroßen Bahnhof den richtigen Zug zu finden. Ein Fahrplan ist nicht zu finden. Die Anzeigetafel ist so winzig, daß der Zug, der kaum zehn Minuten später abfährt, noch nicht darauf steht. Ich gehe zum Reisezentrum. Dort liegen Pläne unter anderem für die Fahrt nach Dresden aus. Das ist meine Richtung. Ich nehme also mir einen Plan; der Zug steht darauf, leider keine Gleisangabe. Ich stürze zu einer Dame am «Service Point»*). Sie telephoniert gerade, aber ich habe keine Zeit, Rücksicht zu nehmen, und spreche sie an. Sie antwortet auch freundlich: «Den Zug gibt es nicht.» Ich zeige ihr meinen eben gefundenen Plan, sie sieht, daß es den Zug doch gibt, telephoniert kurz mit jemand kundigem und antwortet nun: «Auf Gleis 1.»
Und nachdem ich dann dem Schild zum Gleis 1 gefolgt bin, dann, als die Beschilderung aufhört, mit einem Blick ins nächstuntere Stockwerk doch wieder ein Schild zu diesem Gleis entdeckt habe, erreiche ich wirklich meinen Zug.

*): « Bahn spricht Deutsch»
behauptet die tageszeitung. In Wirklichkeit spricht die Bahn Englisch. Es ist nicht nur der Service Point, am Counter kauft man Tickets. Im ICE findet sich auf Deckeln, die Abfallbehälter vor Gebrauch schützen, die einsprachige Aufschrift «Push». Meine Mutter beispielsweise wüßte da nicht weiter.
Ständig folgt auf Bahnsteigen, in Zügen vom Schnellzug bis zur S-Bahn stereotyp auf die deutsche Durchsage eine englische. Fährt der Zug in die Niederlande: die Durchsage kommt auf Deutsch und Englisch. Fährt der Zug nach Italien: die Durchsage kommt auf Deutsch und Englisch. Fährt der Zug nach Polen: die Durchsage kommt auf Deutsch und Englisch. Die Bahn scheint nicht zu wissen, welche Sprachen in diesen Ländern gesprochen werden (geschweige denn, daß die traditionelle internationale Bahnsprache Französisch ist) – eine besondere Art von Ausländerfeindlichkeit.

1 Kommentar:

  1. Das schlimmste ist ja nichtmal das Englische - Shakespeare und die King James Bible/el machen ja Spaß - sondern das "zänk ju for trävelling wis ze doitsche baan"!

    Und dann waren wir jetzt in Rom: Mein schlechtes Italienisch haben die Römer verstanden; ihr gutes Italienisch hab ich verstanden; gelegentlich hab ich schlechtes Deutsch verstanden, aber schlechtes Englisch eines Italieners verstehe ich einfach nicht!

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