„Fiducia supplicans“ bezeichnet sich eigentlich als „Erklärung über die pastorale Sinngebung von Segnungen“. Veröffentlicht vom Dikasterium für die Glaubenslehre, erscheint es also als Lehrschreiben; doch schon in der Präsentation wird klar, daß es wesentlich Anweisungen im Umgang mit „Paaren in irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare“ geht.
Ist daran etwas neu?
Zunächst: Segen. «Ohne jedwede Widerrede wird das Geringere vom Höherstehenden gesegnet» (Hebr. 7, 7) – Segen ist mehr als eine Fürbitte, wird gespendet von dem, dessen besondere Stellung ihm dazu die Vollmacht gibt, vom Bischof, vom Abt, vom Priester, schließlich vom Vater, von der Mutter den Kindern und Enkeln. Segen vermittelt Gnade. Doch es gibt besondere Arten des Segens, die darüber hinausgehen. Es gibt Segnungen, die eine konstitutive Kraft haben: durch eine Segnung wird der Mönch zum Abt, ein Gebäude zum Gottesdienstraum. Und auch Konsekrationen, die dem Bischof vorbehalten sind, gehören hierher: die Konsekration einer Kirche, die des Chrisams. Und es gibt Segnungen, die einen Akt kirchlich bestätigen: der Brautsegen bestätigt das Ehesakrament, das sich die Brautleute gespendet haben.
Die Erklärung (besonders 38.- 40.) macht deutlich, daß es hier nicht um solche Segnungen mit besonderer Kraft geht, sondern um einfache Vermittlung von Gnade. Auf keinen Fall wird in den Vermeldungen einer Pfarrgemeinde stehen können: «Segnung des Paares ...».
Nun wurden Menschen, die als gleichgeschlechtliches Paar zusammenlebten, schon immer gesegnet, wenn etwa sie eine Messe besuchten – der Schlußsegen wird ja allen gespendet. Was neu ist, ist, daß dem Text der Erklärung zufolge nicht einfach Menschen gesegnet werden, sondern ein Paar – das hat es in der Kirche noch nicht gegeben, außer beim Segen über die Brautleute in Verbindung mit dem Ehesakrament. Doch was bedeutet es, daß der Segen über das Paar gespendet wird? Der Erklärung nach nichts, was über den Segen über die beiden einzelnen hinausginge. Es handelt sich schlicht «um einen Segen, der ... Gebet der Fürbitte mit der Anrufung der Hilfe Gottes durch diejenigen verbindet, die sich demütig an ihn wenden (33.).
Paradigmatisch geht es in der Erklärung zwar um „gleichgeschlechtliche Paare“. Doch der Text reicht weit darüber hinaus anwenden; die Rede ist von „Paaren in irregulären Situationen“, ohne das irgendwie einzugrenzen. Da er keine rechtliche Bedeutung hat, keine doktrinäre Aussage macht, mit keiner Bewertung verbunden ist, ist die Deutung und ist die Anwendung ganz frei, frei etwa für: Paare unterschiedlicher Konfession oder Religion, wenn der katholische Teil das Versprechen verweigert, alles zu tun, um die Kinder katholisch taufen zu lassen und zu erziehen; geschiedene Menschen, die mit jemand anderem eine neue Verbindung eingehen wollen; Menschen, die zusätzlich zur bestehenden Ehe eine weitere eheähnliche Verbindung eingehen wollen; Menschen, die entgegen dem priesterlichen Zölibat oder einem Ordensgelübde eine eheähnliche Verbindung eingehen wollen; Geschwister, die eine eheähnliche Verbindung eingehen wollen ...
Es geht eben nur um «Gebet der Fürbitte», verbunden «mit der Anrufung der Hilfe Gottes».
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