Mittwoch, 14. Mai 2025

„Disruption“

Seit einiger Zeit wabert der Begriff „Disruption“ durch die Medien, die von düsteren Gestalten wie dem neuen argentinischen und dem neuen US-amerikanischen Präsidenten gebraucht wird.
Schon der Begriff weckt Vorbehalte: sprachlich wäre natürlich „Diruption“ die deutlich bessere Form (man sagt ja auch nicht „Disrigent“).
Bisher ich habe ihn eher für eine bedeutungsarme Floskel gehalten. Nun aber bin ich auf einen Artikel von Lukas Franke gestoßen: „Lustvolle Zerstörung“. In ihm wird aufgezeigt, daß dahinter eine Ideologie steckt, die die Macht des Staates und die Bedeutung öffentlich-rechtlicher Einrichtungen letztlich auslöschen will zugunsten des Rechtes des Stärkeren, und das heißt vor allem: des wirtschaftlich Stärkeren. So wird ein anarchistischer Immoralismus gefordert, dessen höchstes Prinzip der Egoismus ist.
Die Begründung: «alle Versuche, die ungestüme kapitalistische Dynamik einzuhegen, seien zum Scheitern verurteilt, weswegen es besser sei, sich der Beschleunigung der Marktkräfte hinzugeben.» Die Rechte des wirtschaftlich Schwächeren werden abgetan, indem sie «als „schlurfende Untote“ verächtlich gemacht» werden.
Der Autor bezeichnet diese „dark enlightment – dunkle Aufklärung“ genannte Ideologie als «eine bizarre Mischung aus Science-Fiction und Popkultur»; sie stellt somit eine Kulmination der Moderne dar.
Danach allerdings baut der Artikel leider ab: er findet plötzlich, daß diese Ideen «auf eine grundsätzliche Ablehnung der Moderne, der Aufklärung und der Ideen der Französischen Revolution hinauslaufen» – ein Gegensatz, den es nicht gibt: als hätten «Science-Fiction und Popkultur» nichts mit Moderne zu tun. Er spricht davon, diese Strömung sei «angereichert mit misanthropisch-elitären Theoriefetzen, die an Ernst Jünger, Oswald Spengler oder auch Julius Evola erinnern» – was auch immer man über Ernst Jünger und Oswald Spengler sagen mag: Anarchisten waren sie nicht.
Oswald Spengler allerdings hat etwas von der Art der „Disruption“ geschrieben: «Die Welt als Beute» war seine Prognose. Doch die hat er erst für das übernächste Jahrhundert gestellt; für unser und das nächste Jahrhundert «Sieg der Gewaltpolitik über das Geld» – das ist ja nicht die Richtung der „Disruption“. Wenn er dann aber hinzufügt: «Zunehmend primitiver Charakter der politischen Formen», kann man ins Nachdenken kommen.
Für Christen und Humanisten entsteht so ein Dilemma, das sich etwa bei den letzten US-Wahlen gezeigt hat: zwei Immoralismen stehen einander gegenüber, der der „Disruption“ und der der Gegenseite mit Abtreibung und ähnlichem Gedankengut. Und es stimmt, daß Präsident Trump politische Gefangene aus der Zeit seines Vorgängers befreit hat. Und natürlich macht das die Idee der „Disruption“ nicht erträglich.

Donnerstag, 8. Mai 2025

Ad multos annos!

Kurz zuvor hatte ich gesagt, ich wünsche mir Papst Pius XIII. oder Papst Leo XIV. oder Papst Benedikt XVII.; auch Papst Innozenz XIV. wäre schön, etwas süffisant.
Mein Wunsch ist erfüllt worden; so dürfen wir auf einen gesegneten Pontifikat hoffen.
Er ist Augustiner-Eremit; möge er so eifrig für den rechten Glauben sein wie der heilige Augustinus.

Dienstag, 6. Mai 2025

Konklave

Fast genau zwanzig Jahre ist es her, daß eingetreten ist, was ich nicht zu hoffen gewagt hatte: Kardinal Ratzinger wurde zum Papst gewählt.
Möge der Herr in den nächsten Tagen Seiner Kirche wieder eine ähnliche Freude gewähren!

Samstag, 3. Mai 2025

Fast vergessen: Christen im Gazastreifen

Die Zeitungen und E-Kanäle sind voll von Nachrichten aus dem Gazastreifen. Doch von den Christen dort ist kaum etwas zu lesen. Dank darum der „tageszeitung“, die sich sonst meistens sehr antiklerikal zeigt, die aber, nachdem sie kürzlich über die Christen im Westjordanland berichtet hatte, nun denen im Gazastreifen einen langen Artikel widmet.
«Etwa 1.000 christliche Familien hätten vor dem Krieg im Gazastreifen gelebt», wird berichtet. «Ungefähr die Hälfte, schätzt Ayad [ein orthodoxer Christ], habe den Gazastreifen seit Kriegsbeginn verlassen. Wer eine zweite Staatsbürgerschaft hat, wurde evakuiert, andere zahlten viel Geld für die Ausreise nach Ägypten.»
Sie werden von der Hamas geduldet, leiden aber seit langem, wohl mehr noch als viele Muslime, unter deren Terror; sie leiden jetzt wie alle Menschen im Gazastreifen unter dem Bombardement, unter dem Mangel an Nahrung, an Wasser. «„Nach so langer Zeit, in der die Grenzen geschlossen sind und keinerlei humanitäre Hilfe hereingelassen wird, ist die Lage in vielen Gegenden absolut kritisch“, berichtet Romanelli», der katholische Pfarrer.
Es gibt noch zwei Kirchen in Gaza: die orthodoxe Sankt Porphyrius-Kirche und die katholische Kirche der heiligen Familie (bei der zu Lebzeiten Papst Franziskus täglich angerufen hat). Das Gelände der Kirchen wird nicht bombardiert; so wurde das Kirchgelände zur Notunterkunft für christliche Familien, deren Häuser ja ebenso bombardiert wurden wie die aller anderen Palästinenser. Und natürlich werden auch ausgebombte muslimische Familien aufgenommen.
Das Gelände der Kirchen wird eigentlich nicht bombardiert – aber bei einem israelischen Luftangriff wurde doch einmal das Gelände der orthodoxen Kirche getroffen. Es starben mindestens 17 Menschen, eine ganze Großfamilie.
Den Christen im Gazastreifen, so sagt einer von ihnen, bleibe zu Ostern «nur die traditionelle Liturgie und das Gebet.»

Ein Konzert syrischer Christen

In einer evangelischen Kirche singt ein Chor syrischer Christen. Vor allem geistliche Gesänge, zum Schluß auch Volkslieder.
Hörenswerte Musik; und dankenswerterweise sind viele Einheimische gekommen, sie erfahren so etwas von der syrischen Christenheit. In der Pause ist auch ein Vortrag mit Bildern von syrischen Klöstern eingefügt (die sehr unter dem IS gelitten haben).
Was aber mich besonders beeindruckt: bevor die Sänger zu singen beginnen, machen sie ein Kreuzzeichen, nicht organisiert, jeder für sich.

Dienstag, 22. April 2025

Fastenzeit in der syrisch-orthodoxen Kirche

Eigentlich kein Thema an Ostern; aber beim Osteranruf mit meinen syrisch-orthodoxen Angehörigen (dankenswerterweise haben wir dieses Jahr denselben Ostertermin; es gibt Überlegungen, das für die Zukunft zur Regel zu machen) habe ich, wieder einmal, davon gehört.
Syrisch-orthodoxe Priester müssen in der Regel außerhalb der Kirche ihr Brot verdienen. Der Priester der Pfarrei meiner Angehörigen – ein hochgebildeter Mann – arbeitet als Arbeiter im Mehrschichtensystem.
Nichtsdestoweniger: jeden Abend ein Gottesdienst, der bei besonderer Gelegenheit drei Stunden dauern konnte; und an den entsprechenden Tagen auch zwei Gottesdienste.

Franciscus PP. I. – R. I. P.

Gestorben am Ostermontag, am Tag gleich nach dem hohen Feiertag – es läßt an Johannes XXIII. denken, der am Pfingstmontag gestorben ist.
Sicher überwiegen die schlechten Erinnerungen an seinen Pontifikat; doch darf das nicht seine großen Leistungen vergessen lassen: den Beichten und den Eheschließungen der Piusbruderschaft hat er kanonische Gültigkeit gewährt. Und die Abwegigkeiten des Synodalen Wegs hat er zurückgewiesen.
Und unter seinem Pontifikat wurde angeordnet, die Mißbräuche beim Friedensgruß abzustellen – in Deutschland leider wirkungslos.
Gestern ist er gestorben, morgen ist sein Namenstag. So sei er der Fürbitte des heiligen Georg anvertraut.

Freitag, 18. April 2025

«.. zu meinem Gedächtnis»

Gestern war in der Epistel wieder der Satz zu hören: «Tut dies zu meinem Gedächtnis!» Dieser Satz wurde von den Reformatoren benutzt, das Altarssakrament umzudeuten. Seither klingt die Formulierung «.. zu meinem Gedächtnis» für deutsche Ohren verwirrend. Anlaß genug, darzulegen, was diese Formulierung wirklich bedeutet.

Montag, 24. März 2025

Automatische Übersetzung?

Wer das monastische Stundengebet mitsingen oder auch nur anhören möchte, findet eine schöne Gelegenheit dazu vom Kloster in Le Barroux. Nun wurde eine technische Finesse eingeführt: wenn man vom deutschen Sprachraum aus die Seiten des Klosters aufschlägt, wird man automatisch auf eine deutsche Version dieser Seite umgeleitet. Sind die Texte automatisch übersetzt worden? Oder hat ein Mönch sein altes Wörterbuch gezückt?
(Man lösche in der Netz-Adresse das „de.“, dann hat man wieder die französische Seite.)
Es gibt jedenfalls schöne Ergebnisse:
Offices de chaque jour —
 Tägliche Büros
Horaires des offices —
 Sprechzeiten
Horaires pour aujourd'hui et les jours suivants —
 Fahrpläne für heute und die folgenden Tage
Pour suivre les offices : texte en latin-français —
 Folgen Sie den Büros: Text in Latein-Französisch
Horaires et Écoute des offices —
 Gottesdienste planen und anhören
Retraites individuelles —
 Individuelle Renten
Spiritualité —
 Geistigkeit

Mittwoch, 12. März 2025

Drei Wunder im Garten der Kirche

«Drei Wunder blühen ohne Unterlaß im Garten der Braut Christi: die Weisheit ihrer Lehrer, der Heroismus ihrer Heiligen und ihrer Märtyrer, der Glanz ihrer Liturgie. Und diese drei sind eins!»
(Dom Gérard, Abbaye Sainte-Madeleine du Barroux: La Sainte Liturgie)

Montag, 24. Februar 2025

Aufgabe des Priesters und Usus in Gemeindekirchen

In unserem letzten Heft zu Ehren der heiligen Ewald & Ewald (28/2023) war die Heilige Eucharistie ein zentrales Thema und darunter besonders auch „Die Einheit des Sakraments – Die Austeilung der Kommunion“ (S. 15), die dem Wesen des Sakraments gemäß Aufgabe des Priesters ist.
Und nun erlebe ich am Sonntag in der Kirche in unserem Gründerzeitviertel: Ein Priester ist zu Gast, er konzelebriert. Aber zur Austeilung der Kommunion nimmt er Platz, legt die geweihten Hände in den Schoß und überläßt die Kommunionausteilung dem Hauptzelebranten und einer Laiin.

Sonntag, 9. Februar 2025

Die Riten der Kirche und die Fassungskraft der Gläubigen

«Ritus ... sint fidelium captui accommodati – Die Riten seien der Fassungskraft der Gläubigen angepaßt», so heißt es in Sacrosanctum Concilium, der Liturgiekonstitution des II. Vaticanum (34). Da steht nicht, daß die Gläubigen geistig beschränkt seien und die Riten dieser Beschränktheit angepaßt werden sollten.
Doch offenbar wurde es manchmal so verstanden.
Kürzlich schon haben wir Norbert Lohfink (Zur Perikopenordnung für die Sonntage im Jahreskreis. I. Probleme beim „Ordo lectionum Missae“) zitiert. Er schreibt da über «eine Diskussion, die auf der entscheidenden Sitzung des nachkonziliaren „Coetus XI de lectionibus“ in Klosterneuburg einen ganzen Tag beanspruchte.» Dort wurde gesagt: «Der moderne Mensch habe keine Zeit mehr und vertrage keine langen Texte.» Wenn der „Coetus“ auch letzte Konsequenzen daraus vermied, so stellt der Autor doch fest, «daß die dadurch entstandene Sensibilität für die angebliche Unfähigkeit des modernen Menschen, einer Sache mehr als einige wenige Minuten zuzuhören, wesentlich dazu beitrug, daß der „Coetus“ mit eiserner Härte an seinen gekürzten und verstümmelten Bibelperikopen festhielt – gegen alle Einwände, und die gab es bald in Menge.»
Wer den Laien nicht zutraut, Lesungen zu verstehen, wird ihnen ebensowenig zutrauen, Riten zu verstehen. Und so mußte ich wieder und wieder erleben, daß während des Gottesdienstes der Ritus erklärt wird, daß etwa während einer Taufe ein Priester – ein ausdeutender Priester also – den Gläubigen erklärt, Chrisamsalbung, Taufkleid und Taufkerze seien «ausdeutende Zeichen». Abgesehen davon, daß die Chrisamsalbung eine hochrangige Segnung darstellt, also nicht einfach ein «ausdeutendes Zeichen» ist: meint der Priester, das könnten die Laien nicht selber verstehen?
Erklären lädt ein, sich dem rationalem Verstehen zu widmen. Aber Liturgie heißt, sich der Begegnung mit dem Herrn zu widmen. Insofern ist die Forderung, die Riten seien «fidelium captui accommodati», eher sinnvoll als das Erklären (dessen wirklicher Platz die Katechese ist).
Aber die Riten der Kirche sind von alters her «fidelium captui accommodati», sie sind von großer Ausdruckskraft. Natürlich versteht von ihnen ein kleines Kind nur ganz begrenzt etwas – aber doch mehr als nichts. Und der Königsweg zum Verstehen ist das Mitfeiern. Laien, die regelmäßig die Liturgie mitfeiern, verstehen sehr viel mehr, als so mancher Priester erwartet.
Zum Beispliel:
Was etwa bei der Taufe ein neues Kleid, was ein weißes Kleid, was eine brennende Kerze bedeutet, wird der gläubige Laie verstehen; und das eigentliche Verstehen geht über das hinaus, was mit Worten erklärt werden kann. Das in der Messe das Kreuzesopfer des Herrn wirklich gegenwärtig wir, hatte er in der Katechese zu lernen; was Teilnahme (participatio actuosa) an diesem Opfer ist, können Worte nicht erklären, das wird er durch ebendiese Teilnahme mehr und mehr verstehen.
«Ritus ... sint fidelium captui accommodati», das kann nur heißen, daß in der Liturgie Christen ständig etwas erleben, was ihre geistlichen Sinne weiter schärft, was all das, was bereits geklärt und einfach erscheint, übersteigt.
Doch wird dem Menschen nur das vorgesetzt, was er leicht versteht, wird ihm alles Verständnis vorgekaut, so entwickelt er sich nicht weiter. Und schließlich wird er sich dabei langweilen – Stimmen säkularer Autoren sind da sehr deutlich: «Was ich verstehe, interessiert mich nicht» (Günther Eich); «Kunstwerke, die der Betrachtung und dem Gedanken ohne Rest aufgehen, sind keine» (Theodor Adorno).
Es ist zu befürchten, daß so in den letzten Jahrzehnten Scharen liturgieblinder und -tauber Christen herangezogen wurden.
Ein Versehen, ein Irrweg. Oder? Karl-Rahner schrieb eint einen Aufsatz über das Thema: «Der mündige Christ». Doch was er wirklich von mündigen Christen hielt, zeigt sein und Herbert Vorgrimlers „Kleines Konzilskompendium“: «.. jene Schichten des viel zitierten und vielfach überschätzten „gläubigen Volkes“ [(die folgenden Relativsätze bieten Injurien gegen eigenständige mündige Gläubige)]. Es handelt sich um jene Schichten, denen die Heilssorge der Kirche zwar immer zu gelten hat, die aber keinesfalls zum Maßstab kirchlichen Selbstvollzugs gemacht werden dürfen … diese Wortstarken und teilweise Einflußreichen, aber in der Humanität gescheiterten Randfiguren der Kirche». Erwünscht waren also «mündige» Christen, die sich das vorbehaltlos zu eigen machten, was ihnen von der theologischen Prominenz vorgegeben wurde. Dazu eignet sich eine Liturgie, in der erklärt wird und alles vermieden wird, was zur Entwicklung eigenen geistlichen Verständnisses führen könnte.

Montag, 3. Februar 2025

Bolschewismus und Neoliberalismus – äußerliche Gegensätze, ähnliche Heilslehre

Sigmund Freud erzählte Ernest Jones im September 1919: „Der Mann, mit dem ich mich unterhielt, hat gesagt, der Bolschewismus wird zu einigen Jahren der Not und des Chaos führen, worauf dann der Weltfrieden, Wohlstand und Glück Einzug halten werden.“
(Freud anekdotisch. Herausgegeben von Jörg Drews. München 1970, S. 85)
Vor einigen Wochen war von einem gewissen Hartmood zu lesen: „Die Reduktion des Sozialstaats befreit die Wirtschaft von bürokratischer Last, während die Marktfreiheit und nicht der Staat Wohlstand schaffen sollte. Durch die Senkung der Staatsverschuldung mittels weniger Subventionen und Privatisierung wird eine nachhaltige wirtschaftliche Basis gelegt. ... Die kurzfristigen Härten sind notwendig für langfristiges Wachstum und Stabilität.“
(Hartmood auf taz.de)
Das eine Mal Bolschewismus, das andere Mal Reduktion des Sozialstaats und Marktfreiheit, ansonsten ganz ähnlich. Damals kommentierte das Sigmund Freud: „Ich sagte ihm, die erste Hälfte glaube ich ihm.“ Ich schließe mich seinem Kommentar an, für beide oben zitierte Aussagen.
Wer noch der Phraseologie der „Alt-Achtundsechziger“ mächtig ist, findet die innere Übereinstimmung geschildert in: Die Revolution in L

Samstag, 1. Februar 2025

Die erste Frau auf einem Lehrstuhl in Deutschland – die erste Frau auf einem Lehrstuhl weltweit

Vor gut hundert Jahren, 1923, so war gerade zu lesen, erhielt Mathilde Vaerting als erste Frau in Deutschland einen Lehrstuhl an einer Universität, in Jena.
Die erste Frau, die überhaupt einen Lehrstuhl an einer Universität erhielt, war Laura Bassi, 1732 in Bologna, im Kirchenstaat, gefördert von Kardinal Prospero Lambertini. Dieser, nunmehr Papst Benedikt XIV., bot 1750 auch der Mathematikerin Maria Gaetana Agnesi einen Lehrstuhl in Bologna an; die aber zog es vor, sich fortan der tätigen Nächstenliebe und geistlichen Studien zu widmen.

Montag, 13. Januar 2025

Das Evangelium vom Feste der Taufe des Herrn

In älteren Leseordnung bestanden die Lesungen in der Regel aus einem zusammenhängenden Stück eines biblischen Buches. Daß ein Stück gelesen wurde, bei dem Sätze oder auch größere Textstücke ausgelassen sind, war selten; und es gab das nur bei alttestamentlichen Lesungen und Lesungen aus der Apostelgeschichte. In der neuen Leseordnung ist das häufiger geworden, kommt nun auch bei Evangelien vor.
So auch beim Evangelium vom Feste der Taufe des Herrn im Lukas-Jahr (Lk. 3, 15-16. 21-22). Daß die Verse 19-20 ausgelassen werden, hat einen einleuchtenden Grund: sie bilden einen Exkurs, handeln von der Gefangennahme des Täufers, die erst später geschehen ist, darum auch bei Matthäus und Markus erst später berichtet wird.
Die Verse 17-18 aber gehören wirklich hierher; es gibt keinen vernünftigen Grund, sie auszulassen:
«Schon hält er die Schaufel in der Hand, um seine Tenne zu reinigen und den Weizen in seine Scheune zu sammeln; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen. Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk und verkündete die frohe Botschaft.»
Diese Verse fallen nicht ganz weg, am III. Adventssonntag erscheinen sie und auch im Matthäus-Jahr ihre Parallele; nichtsdestoweniger ein Mangel an Respekt vor dem Evangelisten.
Eine Erklärung weiß Norbert Lohfink (Zur Perikopenordnung für die Sonntage im Jahreskreis. Heiliger Dienst 55 (2001) 37-57; I. Probleme beim "Ordo lectionum Missae"):
«5. Dann – was nicht allgemein bekannt ist – gibt es eine Gesamtsumme der Minuten, die alle drei Lesungen zusammen dauern dürfen. Ist eine Lesung ungewöhnlich lang, müssen die andern kürzer sein. Entsprechend sind viele biblische Texte am Rande gestutzt und auch im Innern zusammengestrichen.»
«(Zu 5.) Hinter der festen Zeitregel steht vermutlich vor allem eine Diskussion, die auf der entscheidenden Sitzung des nachkonziliaren "Coetus XI de lectionibus" in Klosterneuburg einen ganzen Tag beanspruchte. Dort schlug nämlich jemand vor, das alte System eigentlicher Lesungen aufzugeben. Der moderne Mensch habe keine Zeit mehr und vertrage keine langen Texte. Außerdem habe die Exegese nachgewiesen, daß in den Evangelien nicht alle Jesusworte wirklich vom historischen Jesus stammten. Deshalb sei es am besten, ähnlich wie in der modernen Produktwerbung mit griffigen Slogans zu arbeiten. Man könne sich dafür kurze und historisch vertrauenswürdige Jesusworte aussuchen. Jedem Sonntag ein knappes, aber eindrucksvoll proklamiertes echtes Jesuswort – das genüge und sei wirksamer als lange Texte.
Nach heftiger Diskussion wurde dieser Vorschlag dann doch nicht angenommen. Aber es scheint, daß die dadurch entstandene Sensibilität für die angebliche Unfähigkeit des modernen Menschen, einer Sache mehr als einige wenige Minuten zuzuhören, wesentlich dazu beitrug, daß der "Coetus" mit eiserner Härte an seinen gekürzten und verstümmelten Bibelperikopen festhielt – gegen alle Einwände, und die gab es bald in Menge.» (Es lohnt sich, weiterzulesen.)
Weiterzulesen – an einer Stelle jedenfalls hat Norbert Lohfink Unrecht: «(Zu 4.) Die Dreizahl der Lesejahre ist erstaunlich reibungslos akzeptiert worden, obwohl es dafür eigentlich keinerlei Tradition gab, zumindest keine christliche» – die Zürcher und Peterlinger Messbuch-Fragmente aus dem Beneventanischen Ritus, der eng mit dem römischen verwandt ist, bezeugen das Gegenteil.
Also eine Art theologisch zensierter Reader’s Digest-Version kirchlicher Lesungen. Was aber die «Gesamtsumme der Minuten» angeht, so ist meistens die Predigt länger als alle drei Lesungen zusammen – hier lohnte es sich, Minuten zu sparen.

Sonntag, 5. Januar 2025

Publicatio festorum mobilium

Die Kirche veröffentlicht heute die beweglichen Feste und liturgischen Zeiten dieses Jahres. Nach nun schon altem Brauch veröffentlichen wir nun wieder die Ostertermine der drei Kalender. Dieses Jahr stimmen endlich wieder einmal Ost und West, julianischer und gregorianischer Kalender überein.
Der erste Frühlingsvollmond ist, wie der gregorianische Kalender richtig berechnet, am Sonntag, den 13. April. Darum ist der 19. April der nächstfolgende Samstag, also die Osternacht.
Doch dieser Frühlingsvollmond hat in Europa und in Vorderasien kurz nach Mitternacht statt. Die jüdische Kalenderrechnung nun setzt ihn schon am Samstag an; darum feiern die Juden schon am 12. April Pascha.