Freitag, 23. Dezember 2011

Christmette - Rom setzt Akzente

In St. Peter in Rom befreit man sich von Alten Zöpfen - in Köln immer noch nicht.

ARD sendet umgehend eine erfreuliche Antwort

auf diese Kritik:


"Haben Sie vielen Dank für Ihre aufmerksame Kritik. Das Bemühen um journalistische Distanz hat hier zu Irritationen geführt. Wir nehmen die Kritik gerne auf und ändern das."


Das ist doch mal eine gute Nachricht.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

"Vor Beginn unserer Zeitrechnung"? - Brief an die Tagesschauredaktion

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der gestrigen Tagesschau fiel mir im Beitrag über das Chanukkafest die Formulierung "vor Beginn der neuen Zeitrechnung" auf.

Das ist sachlich nicht ganz richtig: Die neue Zeitrechnung begann unter Papst Gregor VIII im Jahre 1582 nach Christus. Bereits im Jahr 525 hatte der christliche Mönch Dionysius Exiguus den julianischen Kalender dem Jahr 1 auf die Geburt Christi christlich neu "geeicht", indem er dieses auf das Jahr 754 nach Gründung der Stadt Rom festlegte. 

Im Übrigen stolperte ich über Ihre Formulierung, da sie der atheistischen Bezeichnung "vor" bzw. "nach unserer Zeitrechnung" aus der DDR nahekommt, mit der man den christlichen Grund unseres Kalenders hatte vertuschen wollen. 

Ob man nun glaubt, daß Christus der Sohn Gottes ist, oder nicht: "Unsere" Jahre zählen nach seiner - historisch nicht bestreitbaren - Geburt.

Übrigens könnte die von Ihnen gewählte Formulierung Juden und Muslime im Sendegebiet verletzen: Diese haben nämlich andere Kalender und fühlen sich vielleicht durch das Wort "unsere" vereinnahmt.

Ich danke Ihnen für Ihre guten Dienste, wünsche Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und den Segen des menschgewordenen Gottes für das Jahr des Heiles 2012.

Welch einen Nachfolger wünscht sich ein Bischof?

Der Primas Germaniae, der Erzbischof von Salzburg gibt Auskunft (ich zitiere nach kath.net):
Der sei «„Mann der Mitte“, dialogfähig und einer, der nicht Schlagseiten in die eine oder andere Richtung hat.»
Kurz gesagt: ein Langweiler.

Dienstag, 20. Dezember 2011

Eilends zum Lesepult

Zwei konzelebrierende Priester ziehen ein und eine Frau als eine Art von Levitin. Und dann ...

Samstag, 17. Dezember 2011

Words Rechtschreibprogramm

sorgt gelegentlich für Unterhaltung. Jetzt monierte es das Wort «Hochfest». Und was bietet es (neben «Hoch fest» und «Hochgehst») stattdessen an?
- «Kochfest».

Pie, quo vadis?

Treue zum katholischen Glauben ist die Ratio essendi der Pius-Bruderschaft. Aber Treue zum katholischen Glauben ohne Einheit mit der katholischen Kirche, mit dem Heiligen Stuhl? Wer auf die Einheit verzichtet, fürchte ich, begibt sich auf dem Weg zur Sekte. Und wenn Papst Benedikt eine «doktrinelle Präambel» vorlegt, so scheint es mir, kann ein Katholik ihm vertrauen und sie unterzeichnen (was freilich Verhandlungen über mißverständliche Formulierungen nicht ausschließt).

Doch auch die Kirche braucht die Pius-Bruderschaft – in einer Zeit, in der es in Österreich eine antikirchliche «Pfarrerinitiative» wirken kann, während gute Priester (von Pfarradministrator Andreas Skoblicki in Kopfing [D.Linz] bis zu Pfarrvikar Augustine Paraplakal in Ablach [D. Rottenburg-Stuttgart]) vergrault werden, kann die Kirche nicht auf eine große Zahl frommer Priester verzichten. Und eine Spaltung läßt das Spektrum beider Seiten verarmen. Zudem bleibt anzuerkennen, daß die Pius-Bruderschaft (im Verein mit der Priestervereinigung vom hl. Johannes Maria Vianney) über zwei Jahrzehnte hindurch allein es war, die die Treue zum Konzil (Conc. Trid., Sessio XXIII: Doctrina de sacramento ordinis, cap. 2.,4.) gewahrt und auf dem Weg zum Priestertum alle sieben Ordines gespendet hat.
Darum muß ich wünschen, daß der Pius-Bruderschaft nicht unnötige Hindernisse in den Weg gelegt werden.
Wenn Bischof Bernard Fellay in seiner Predigt am Fest der Unbefleckten Empfängnis (ich zitiere nach kath.net) ein irreführendes Traditionsverständnis moniert, so sieht er leider keineswegs Gespenster – ebendieses Verständnis, noch dazu abstrus überspitzt, verbreitete jüngst hierzulande – im «Agricolaforum der katholischen Akademie im Bistum Dresden-Meißen» – ein katholischer Theologieprofessor.
Zur Präambel gehört offenbar die «professio fidei» von 1988. Hier steht zum Schluß: «Insuper religioso voluntatis et intellectus obsequio doctrinis adhaereo quas sive Romanus Pontifex sive Collegium episcoporum enuntiant cum magisterium authenticum exercent etsi non definitivo actu easdem proclamare intendant.» Wenn Bischof Bernard Fellay sich sorgt, mit dieser Formulierung könne die Bruderschaft auf jenen falschen Traditionsbegriff festgelegt werden, so erscheint mir diese Sorge nicht abwegig.
Darüber hinaus: was ist ein «religiosum voluntatis et intellectus obsequium»? Ich könnte etwas Sinnvolles da heraus deuten; doch andere Deutungen liegen nicht minder nahe. Und «intellectus obsequium» klingt mir doch ein wenig nach Denkverbot.
In der «professio catholicae fidei», die noch den C.I.C. von 1917 einleitete, gab es keinerlei solche Formulierung. Dort gab es zwar eine Gehorsamsverpflichtung gegenüber dem Papst – «veram obedientiam spondeo ac juro» – und ein Bekenntnis des Glaubens gegenüber den Konzilsbeschlüssen – «tradita, definita ac declarata ... indubitanter recipio atque profiteor» –, aber so weit wie die moderne Professio – «quas sive Romanus Pontifex sive Collegium episcoporum enuntiant cum magisterium authenticum exercent etsi non definitivo actu easdem proclamare intendant» – ging sie keineswegs. Und ich fürchte, wenn ich den Denzinger daraufhin durchstöberte, was durch die Zeiten Päpste und Konzilien alles außerhalb der definierten Glaubenslehren authentisch geäußert haben, geriete auch ich an Stellen, die mir die moderne Professio fidei schwer machten.
Klar ist, daß weder einer der Memorandum-Professoren noch ein Pfarrer der Pfarrerinitiative ehrlicherweise diese Professio aussprechen oder unterzeichnen könnten. Offensichtlich aber haben sie es, soweit sie nicht 1988 schon in ihrem Amt waren, doch getan.
Könnte der Unterschied zwischen den Angehörigen der Pius-Bruderschaft und dem fortschrittlicheren Teil des katholischen Klerus etwa einfach der sein, daß letzterer das (sagen wir einmal:) robustere Gewissen hat?

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Die italienische Regierung, der Osservatore und der Vatikan

Die Kirche leiste ihren Beitrag «zugunsten der schwachen Schichten», erklärte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Erfreulich; weniger erfreulich ist, daß «kath.net» das zitiert unter der Überschrift «Vatikan würdigt Sparkurs der Regierung Monti».
Letztlich ist es nicht «der Vatikan», sondern dessen «Osservatore Romano». Aber auch ein weitere Kommentar des Kardinalstaatssekretärs wird dazu erwähnt: «Opfer gehören zum Leben».
Das stimmt; nur: wessen Opfer?
In der Tagespresse lese ich einerseits: die Mehrwertsteuer (die ungerechteste und dem Binnenkonsum abträglichste Steuer), bereits im letzten September um 1% erhöht, soll im September 2012 nochmals erhöht werden, nun um 2%. Für alle Renten über 936 Euro im Monat wird nächstes Jahr die Anpassung an die Lebenshaltungskosten suspendiert, und die Grundsteuer für selbst bewohnte Eigentumswohnungen, die 2008 abgeschafft worden war, wird wieder eingeführt und dabei beträchtlich erhöht, indem der Buchwert der Immobilien um 60% höhergesetzt wird. Andererseits: eine Vermögenssteuer wird nicht eingeführt, noch wird die Einkommensteuer für höhere Einkommen erhöht. Also: wessen Opfer?

Der Osservatore, wenn auch ein offiziöses Organ, hat keinen Anteil am Lehramt der Kirche.

Freitag, 25. November 2011

Freie Marktwirtschaft im Mutterleib

Jüngst hatte es von europäischen Gerichten, von denen man durchaus nicht nur Gutes gewohnt ist, bemerkenswerte Urteile gegeben: der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hatte das Patentieren von wissenschaftlichen Verfahren, die menschliche embryonale Stammzellen nutzen, untersagt, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Legalisierung der Eizellspende.
Interessant ist es, diese Urteile zu vergleichen mit der Stellungnahme der Ethikexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, die auch Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium ist, die sie gemeinsam mit vielen Parteifreunden abgegeben hat.

Donnerstag, 10. November 2011

Die Kinder wirtschaftsfreundlich entsorgen

und damit letztlich das Familienleben gleich mit: das ist der Trend unserer Zeit.
Um so erfrischender ist es, ausgerechnet in der tageszeitung, die im schlechten wie im guten Sinne als nach links tendierend gilt, von Barbara Dribbusch, einer angesehenen Journalistin, die sicher nicht zum konservativen Spektrum zählt, ein Plaidoyer für Zeit für die Familie zu lesen.

Montag, 31. Oktober 2011

Im Priesterseminar

Im Oktober hatte ich aus ganz besonderen Gründen das Vorrecht, fast eine Woche lang im Priesterseminar in Wigratzbad zu verbringen.
Natürlich war es auch – auch – eine einfach schöne Zeit: zum Teil noch spätsommerlich schönes Wetter, die Wanderwege in der Allgäuer Landschaft mittlerweile sehr gut ausgeschildert, opulent ausgestattete Barockkirchen in der Umgebung. Dann die Gebetsstätte: geschmacklich ließe sich schon einiges anmerken; wie aber die Andachtsstätten und Andachtsstättchen im Grünen verteilt sind, ist doch hübsch. Und es gibt da wirklich Geistliches: die Anbetungskirche, den Kreuzweg. Und hinter der Ölbergkapelle, deren Architekt von Ronchamp träumte, erscheint in seltsamer Pracht die Sühnekirche in frühpostmodernem Neo-Chinois-Stil (von Gottfried Böhm, einem Sohn Dominikus Böhms).
Aber es war sehr viel mehr als nur eine schöne Zeit. Da waren die Gottesdienste. Sie begannen für mich mit der Ersten Sonntagsvesper, es gab tägliche Messen und weitere Gebetsstunden. Der Höhepunkt war das levitierte Hochamt am Sonntag; dazu kamen weitere Messen und Vespern mit gregorianischem Gesang. Doch es gab auch stille Messen. Wenn auch naturgemäß weniger eindrücklich als die gesungenen Messen, zeigten sie doch ihren ganz eigenen Wert: als intensive Gelegenheit zu ruhiger Betrachtung. In allen Messen und Gebetsstunden stimmte alles: alles war, alle waren auf die heilige Handlung, auf den Herrn ausgerichtet; nie erschien etwas zufällig im Chorraum, alles war bedeutsam.
Dann das Seminar. Die Priester der Petrusbruderschaft erlebte ich als eindrückliche, glaubwürdige Persönlichkeiten, die Seminaristen als engagiert, interessiert, klug. Alle erscheinen verbunden durch das gemeinsame geistliche Anliegen. In der Glaubenshaltung zeigen sich Priester und Seminaristen klar und konsequent, doch (wenn man nicht schon das Strenge nennen will) besondere Strenge nehme ich nicht wahr, weder Einseitigkeit noch Weltfremdheit. Mir fällt die gegenseitige Achtung, die Freundlichkeit im Umgang auf und die gute Stimmung. Ich erinnere mich an den Widerwillen von Theologiestudenten gegenüber dem diözesanen Priesterseminar, dem «Kasten», ihre Unzufriedenheit mit dem Leben dort – hier ist nichts dergleichen zu spüren.
Das Leben im Seminar verläuft in ausgewogener Form. Bei den Mahlzeiten gibt es eine Tischlesung statt; doch auch für Gespräch ist noch Raum. Es ist ein internationales Seminar. Es gibt einen deutschsprachigen und einen frankophonen Zweig, doch die Zahl der Herkunftsländer ist kaum überschaubar. Und so höre ich auch einmal, daß man auf Latein miteinander redet.
Eine ungewöhnliche Umgebung für einen Laien; und doch eine Freude und eine geistliche Vertiefung, hier einige Tage leben zu dürfen.

Schon 1936 hatte mit der Errichtung der «Lourdesgrotte» – zum Dank dafür, daß die Gründerin nationalsozialistische Nachstellungen unbeschadet überstanden hatte – die Geschichte der Gebetsstätte begonnen. Das Priesterseminar besteht seit 1988 in freundlichem Nebeneinander mit der Gebetsstätte; seit 2000 hat es seine eigenen Gebäude, seit diesem Sommer einen neuen Anbau, um die Menge der Priesteramtsbewerber unterbringen zu können. Doch auch dieser Anbau ist bereits voll belegt, eigentlich schon überbelegt. Ich lese: die Petrusbruderschaft, der 228 Priester angehören, zählt 164 Seminaristen (10 Diakone eingerechnet) in zwei Seminaren – das zweite liegt in Amerika. Vom Andrang der Bewerber ebenso wie von der Qualität des geistlichen Lebens ist es deutlich, daß hier die Zukunft der Kirche liegt. Doch an Kirchensteuermitteln erhält das Seminar nichts, alles wird durch Spenden finanziert. Wer für die Zukunft der Kirche spenden will: hier ist dazu Gelegenheit.

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Die Qualifikation unserer Politiker

«Wer die Rivalen nicht wegbiss, war verloren. Das klingt brutal, hatte aber einen entscheidenden Vorteil. So wurde sichergestellt, dass nur abgehärtete Politiker nach oben kamen. Das frühe Stahlbad hat uns manche spätere Enttäuschung erspart»: so beschreibt der Berliner Regierende Bürgermeister in seiner Autobiographie den Aufstieg eines erfolgreichen Politikers.
Oft wird geklagt, oft beschwere ich mich über unsere Politiker. Wenn so nun aus erster Hand zu erfahren ist, durch welche Eigenheiten man sich zu qualifizieren hat zu politischen Machtpositionen, so kann es nicht mehr wundern, daß unsere Politik so ist, wie sie ist.

Dienstag, 18. Oktober 2011

«Von Donatisten, Ikonoklasten und anderen Ketzern»

«Moderne Irrtümer und ihre Herkunft» – ein Buch von Thomas Baumann, in dem der Leser unschwer einen bekannten Blogger unseres Dekanats wiedererkennen wird.
Was beim ersten Anlesen einfach als unterhaltsamer Gang durch die christliche und nachchristliche Geistesgeschichte erscheint, erweist sich bei näherem Hinsehen als viel mehr, als die Ausarbeitung einer interessanten Erkenntnis:
Die Moden wechseln, der Schwachsinn bleibt der gleiche.
Eine kleine Einschränkung: wirklich viel hat von dem Buch nur, wer bereit ist, ein wenig mitzudenken. Aber dem, der dazu bereit ist: viel Freude bei der Lektüre!

Freitag, 7. Oktober 2011

Und das Wichtigste?

Eine in Deutschland aufgewachsene Journalistin türkischer Herkunft interviewt ihren eigenen Vater zum Thema ihrer Erziehung zwischen den Kulturen. Ihr Résumé: «Im Nachhinein finde ich, du hast es gut gemacht.»
Konkret: «Du musstest dich gleich zwei Gesellschaften stellen, der deutschen und der türkischen, und nicht nur dich und deine Entscheidungen, sondern auch mich verteidigen.» Er entgegnet: «Das Wichtigste war, mich vor Allah verteidigen zu können. Was die Leute reden, ist vergänglich. ... Aber weil du alles anders machen wolltest, befürchtete ich, du wendest dich von Allah ab. Deshalb hab ich dir immer gesagt: Egal wie du lebst, verlier nie deinen inneren Glauben. Glaub an Allah, er wird dich immer weisen. Das ist der Islam, wie ich ihn verstehe. Ich hatte Angst, dass du den Rat nicht ernst genug nimmst.»
Ich mußte an die Worte denken, die man unter Deutschen oft als Glückwunsch hört: «Und das Wichtigste: Gesundheit!» Wie peinlich ist das doch angesichts dieser Worte eines Muslims.

Dienstag, 4. Oktober 2011

Ehrabschneidung

Ein historischer Roman ist erschienen; ein Anlaß, in der tageszeitung den Verfasser zu interviewen.
M. Antoine Beauvilliers, ein Pariser Koch, ist der Autor eines Buches, «L'art du cuisinier», das 1814 erschienen ist. An dieses Kochbuch knüpft der Roman an. Doch der Romanautor gibt vor, das Werk sei in Wirklichkeit von einem (fiktiven) Gesellen verfaßt worden und diesem vom historischen Verfasser, eben M. Beauvilliers, entrissen worden. Historisch spricht nichts dafür, wie der Romanautor offen zugibt.
Aber wenn auch der Romanautor das zugibt: einmal ausgesprochen und gar einen Roman lang ausgewälzt, ist solch eine Behauptung in der Welt und droht irgendwie hängen zu bleiben, kaum minder als gentechnisch verändertes Saatgut. «Siehe, welch kleines Feuer, welch einen großen Wald zündet es an!» schrieb Jakobus zu diesem Thema (3, 5).
«Du sollst kein falsches Zeugnis gegen deinen Nächsten ablegen!» (8. Gebot)
Juristisch ist dieser Fall von übler Nachrede wohl leider nicht zu ahnden wegen eines Mangels in unserem Rechtssystem: es finden sich wohl keine Erben mehr, die klageberechtigt wären.
Nichtsdestoweniger: Im Ergebnis ist dies ein Fall von übler Nachrede.

Montag, 3. Oktober 2011

Nachlese

Am Samstag vor einer Woche: nachts gegen ½ 3 aufstehen, um dann um ½ 4 im Bus zu sitzen, später über 2 Stunden auf dem saukalten Feld stehend nichts zu tun als zu warten – hat sich das gelohnt?
Es hat sich gelohnt. Es hat sich gelohnt, diesen Papst bei der Zelebration des heiligen Opfers zu erleben. Und es hat sich gelohnt, die großen Reden zu lesen, die er bei anderen Gelegenheiten seiner Deutschlandreise gehalten hatte.
Nicht nur ich – viele sind glücklich über diesen Besuch.
Doch in den großen Medien dominieren ganz andere Stimmen. Der Papst habe in der Ökumene enttäuscht, habe innerkirchlicher Reform eine Absage erteilt. Man kann nur staunen: welcher Papst hätte in den Jahrzehnten zuvor solche Leistungen in der Ökumene vollbracht? Durch die Apostolische Konstitution «Anglicanorum coetibus» wurden viele Anglikaner mit der katholischen Kirche vereint und nebenbei noch die ganze «Anglo-Lutheran Catholic Church». Mit den Ecôniten sind Gespräche im Gange, die Raum für Hoffnung geben; über die orthodoxen Kirchen sagte er bei seiner Deutschlandreise: «Und so wagen wir zu hoffen, auch wenn menschlich immer wieder Schwierigkeiten auftreten, daß der Tag doch nicht zu ferne ist, an dem wir wieder gemeinsam Eucharistie feiern können.» Innerkirchliche Reform hat er durch das Motu proprio «Summorum pontificum» und die Instruktion «Universae Ecclesiae» ins Werk gesetzt; er hat Maßnahmen gegen den sexuellen Mißbrauch getroffen. Weitere Reformen hat er auf seiner Deutschlandreise angeregt: «Vielen Menschen mangelt es an der Erfahrung der Güte Gottes. Zu den etablierten Kirchen mit ihren überkommenen Strukturen finden sie keinen Kontakt» und «Ich denke, ehrlicherweise müssen wir doch sagen, daß es bei uns einen Überhang an Strukturen gegenüber dem Geist gibt.»
Warum werden dennoch Enttäuschungen vorgebracht? Die Antwort geben Erwartungen und Wünsche, die konkret geäußert wurden.
Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider durfte unmittelbar zuvor in unserer Kirchenzeitung erklären, «dass das Evangelium in ganz bestimmter Weise neu zum Glänzen gebracht wurde und etwa, dass das, was der Kirchenvater Augustinus sagte, mit Hilfe Martin Luthers ganz neu in das Bewusstsein der Zeit hineingebracht wurde.» Wohlgemerkt: es geht um jenen – für ihn selbst zentralen, mit dem christlichen Glauben freilich nicht gut zu vereinbarenden – Teil von Luthers Theologie («de servo arbitrio» schrieb er), den schon Melanchthon abzumildern in Angriff nahm, der im folgenden Jahrhundert von den Pietisten unauffällig entsorgt wurde und der heute nur noch durch die Köpfe einer erfreulich kleinen Schar von Gnesiolutheranern und Calvinisten geistert. Wenn Herr Schneider nicht Unmögliches und Destruktives von Papst gewünscht hätte, sondern einen Schritt zur Kirche hin gemacht hätte, etwa erklärt hätte, er wolle anstreben, daß protestantischerseits keine «Pastorinnen» mehr ordiniert werden, um so wenigstens ein Hindernis für eine künftige Ökumene abzubauen, das von den Reformatoren nicht einmal beabsichtigt gewesen war ...
Der ZdK-Vorsitzende Alois Glück hat gewünscht, daß etwa wiederverheiratet Geschiedene (gemeint ist: standesamtlich Geschiedene und anderweitig Neuverheiratete) wieder zur Kommunion dürften, was er für «Barmherzigkeit» hält. Daß das weder einfach so möglich noch «barmherzig» ist, habe ich gerade schon festgestellt.
Wenn Herr Glück nicht Unmögliches von Papst gewünscht hätte, sondern einen Schritt zum Abbau des Überhangs von Strukturen in Angriff genommen hätte, etwa die Abschaffung des ZdK, des Forums, durch das Politiker ungebührlich in die Kirche hineinreden ...
Die Enttäuschung ist selbstgemacht: wer vom Papst erwartet, daß der sich den fixen Ideen anderer unterwirft, wird zu recht enttäuscht werden.

Ehe, Scheidung und ein Theologieprofessor

In der Ausgabe der örtlichen Kirchenzeitung, die direkt vor dem Besuch des Papstes erschien, fand sich ein Interview mit dem Moraltheologen Prof. Schockenhoff «über die Kirche und das Gewissen gescheiterter Eheleute: Es muss einen Ausweg geben».
«Die jetzige Regelung jedenfalls ist unbarmherzig», ist da zu lesen. «Sie ist ein Relikt eines seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil überkommenen Eheverständnisses. Allerdings sind die kirchenrechtlichen Konsequenzen aus dem Wechsel zu einer personalen Eheauffassung nie gezogen worden, die das Konzil vorgenommen hat.»
Es klingt, als sei diese kirchenrechtliche Regelung ein Relikt aus, sagen wir einmal: dem XIX. Jahrhundert, eine Fehlentwicklung, die durch ein Konzil beseitigt werden könnte.
Das aber ist sie nicht. In Wirklichkeit hat sie in der westlichen Kirche immer gegolten, auch wenn sie nicht immer durchgesetzt werden konnte. So kann kein Konzil sie einfach ändern; und siehe: das II. Vaticanum hat gar nicht gefordert, Ehescheidungen zu ermöglichen.
Und «unbarmherzig»? Juristisch ist diese Regelung sowieso nicht durchsetzbar. Jeder, der geschieden und dann standesamtlich anderweitig verheiratet ist, kann ohne weiteres in eine Nachbarkirche gehen, in der er nicht bekannt ist, und dort kommunizieren. Die kirchenrechtliche Regelung hat nur die wirkliche Bedeutung, daß sie ihn darauf hinweist, daß seine Lebensführung dem Gebot Christi so entgegensteht, daß er deshalb den Leib Christi nicht empfangen kann. Wenn dieser Hinweis richtig ist, so ist er nicht «unbarmherzig», sondern schlicht notwendig.
Daß er richtig ist, scheint jedoch Prof. Schockenhoff zu verneinen: «Eine zweite Hochzeit hat Jesus gar nicht im Blick», sagt er im Interview. Eine sonderbare Meinung, wenn ich etwa das Marcus-Evangelium heranziehe: «Wer seine Frau entläßt und eine andere heiratet, bricht ihr gegenüber die Ehe; und wenn sie ihren Mann entläßt und einen anderen heiratet, bricht sie die Ehe» (10, 11 f.).
Noch sonderbarer sind Prof. Schockenhoffs Lösungsvorschläge: «Ich setze auf die Gewissensentscheidung der Betroffenen» und «Die Kirche sollte dieses Gewissensurteil respektieren.» Welch objektive Entscheidungen erwartet Prof. Schockenhoff da von den «Betroffenen»? – mir erscheint das weltfremd. Dann aber sagt er selber: «Es gibt Gründe, eine Ehe zu verlassen, die einfach niederträchtig sind und die dürfen nicht die moralische Zustimmung anderer finden.» Wie paßt das zusammen? Meint er, Menschen, die sich solch «besonderer Rücksichtslosigkeit» schuldig gemacht hätten, wären nicht bereit, ein «Gewissensurteil» zu fällen, das eben dieses Handeln approbiert? Wenn er keinen solchen Fall kennt: ich kenne ihn.
Schließlich: «Die Kirche könnte deshalb eine zivile Zweitehe als moralisch vertretbare Realität dulden». In einer Situation, in der nach der Lehre der Kirche eine Eheschließung nicht möglich ist, soll sie dann Katholiken den Weg zu einer nichtigen Eheschließung auf dem Standesamt freigeben?
Ich habe viel Mitgefühl für Menschen, die von ihrem Ehegatten verlassen wurden oder so drangsaliert wurden, daß sie selber ihn verlassen mußten. Ich habe da schlimme Fälle gesehen und wäre darum dankbar, wenn man diesen Menschen helfen könnte. Doch: Prof. Schockenhoffs Weg ist da kein Ausweg.

Donnerstag, 22. September 2011

Papst und Politiker

Daß es nicht besonders erleuchtet war, was «papstkritische» (genauer: unkritisch antipäpstliche) Politiker zur angesetzten Bundestagsrede des Papstes sagten, verwundert nicht; darauf zu antworten ist unnötig – das hat Papst Benedikt in seiner Rede in souveräner Weise selber getan.
Aber manches ist doch interessant:
Berlins Regierender Bürgermeister befand, die Kirche vertrete Lehren, „die weit in die zurückliegenden Jahrtausende gehören, aber nicht in die Neuzeit“. Zum Vergleich: Gilbert Keith Chesterton (danke, Laurenti!) stellte fest: „Die katholische Kirche ist die einzige Institution, die den Menschen vor der erniedrigenden Sklaverei bewahrt, ein Kind seiner Zeit zu sein.“
Der Bundestagspräsident äußerte „ehrlich begründete Zweifel, ob die Unterschiede zwischen den Konfessionen, die es zweifellos gibt, die Aufrechterhaltung der Trennung“ rechtfertigten. Dem pflichten wir gern bei, und so hat es die katholische Kirche ja immer gesehen: Protestanten, die zur Einheit zurückzukehren bereit sind, werden herzlich willkommen geheißen. Und so geschieht es ja auch schon im Kleinen: jüngst sind wieder zwei landeskirchlich-evangelische Pfarrer, aus Thüringen der eine, der andere aus Obersachsen, den Weg zur Einheit gegangen.
Wunderlich allerdings ist die Formulierung des Bundestagspräsidenten: große Unterschiede würden die Trennung von der katholischen Kirche ebensowenig rechtfertigen.

Mittwoch, 24. August 2011

Die dümmste Partei der Republik

meldet sich zu Wort – wieder einmal auf gewohntem Niveau.
In der tageszeitung lese ich: Die Grünen in einem Berliner Bezirk fordern in ihrem Wahlprogramm dazu auf, die Luxusmodernisierung von Wohnungen in Milieuschutzgebieten zu melden.
Der örtliche gelb-blaue Bezirksvorsitzende meint dazu: «Bespitzelung mussten viele Menschen im ehemals ostdeutschen Stadtteil Friedrichshain lange genug ertragen.»
Also: Wenn jemand sieht, wie ein Ganove am Werk ist, und daraufhin «Haltet den Dieb!» ruft, so wäre das demnach Bespitzelung, offenbar nach Stasi-Art.

Dienstag, 23. August 2011

Darf man vergleichen?

Ein Buch über den „Historikerstreit“ der achtziger Jahre (Mathias Brodkorb [Hg.]: Singuläres Auschwitz? Adebor Verlag, Banzkow 2011) wird rezensiert, und zwar von Rudolf Walther. Dort wird die Behauptung «es sei bis heute „unzulässig, nicht nur den Holocaust mit anderen Genoziden zu vergleichen, sondern hinsichtlich seiner regressiven Qualität mit diesen gleichzusetzen“» abgefertigt: «Spätestens in der Debatte um das „Schwarzbuch des Kommunismus“ (1997/98) wurden solche Scheinprobleme geklärt: Ohne Vergleiche kommt kein Historiker aus. Die Vermutung, mit dem Vergleich von Verbrechen relativiere man diese automatisch, ist haltlos.» Der Autor stellt fest, daß am „Singularitätsdogma“ «„in der Geschichtswissenschaft heute kein ernsthafter Denker mehr festhält“ (Wolfgang Wippermann).»
Ich denke einige Jahre zurück. In seiner Festpredigt zum Dreikönigstag 2005 sagte Kardinal Meisner: «Zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen läßt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht.» Damals hat der Kardinal die Einzigartigkeit der Scho’a in keiner Weise bestritten; er hat sie nicht einmal mit irgend etwas anderem verglichen, hat sie nur in einer Zahl von Massentötungen unschuldiger Menschen mitaufgezählt. Dieser Verstoß gegen das „Singularitätsdogma“, dessen Ungültigkeit, wie ich jetzt von Rudolf Walther lese, damals schon längst geklärt war, reichte damals aus, einen gewaltigen Proteststurm gegen den Kardinal hervorzurufen. Meisner habe die Holocaust-Opfer beleidigt, meinte etwa Claudia Roth; die „Initiative Kirche von unten“ verlangte vom Kardinal eine Entschuldigung. Von dem bereits als Historiker und Publizist recht bekannten Rudolf Walther habe ich damals nichts zur Verteidigung des Kardinals mitbekommen.
Wenn es dabei einen geschmacklosen Vergleich der Scho’a gab, dann ist das deren Vergleich mit von Gott gewollten Opfern durch die Bezeichnung „Holokaust“, die Frau Roth ebenso wie viele andere wählte. „Holocaustum“ ist ein Wort, das aus dem Griechischen entlehnt ist, im Griechischen aber nicht verwendet wird; im Lateinischen erscheint dieses Wort – soweit ich sehe: ausschließlich – als Übersetzung des alttestamentlichen „Brandopfers“ oder gelegentlich auch „Ganzopfers“, also von Gott gewollter Opfer. «Benigne fac Domine in bona voluntate Sion, ut aedificentur muri Jerusalem. Tunc acceptabis sacrificium iustitiae, oblationes et holocausta», betet die Kirche (50 [51], 20 f.).

Samstag, 13. August 2011

Christ und wirtschaftsliberal?

Eine abwegige Verbindung – eigentlich genügt ja das Wort des Herrn: «Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon» (Mt. 6, 24; Lc. 9, 13); dennoch habe ich ja schon selber einiges zu dem Thema gesagt, über den Kult des «Freien Marktes» als Götzendienst und über die Geistesgeschichte des Wirtschaftsliberalismus. Und in letzter Zeit habe ich wieder einige interessante Zeitungsartikel gefunden; einen Artikel, der zeigt, wie das Nordamerikanische Freihandelsabkommen ebenso wie die Menschen in Mexiko (die Tortilla-Krise ist ja noch in übler Erinnerung) auch die in den USA schädigt, einen anderen über die Strategie, die hinter der gegenwärtigen Schuldenkrise steht, und schließlich einen, der einen Mann zeigt, der das Unvereinbare zu vereinbaren suchte, der marktliberal dachte, dann zur katholischen Kirche konvertiert ist und seinen Marktglauben zunächst beibehielt. Mir erschließt es sich nicht, wie es denkbar ist, vom ungezügelten Markt etwas Gutes zu erhoffen – er hat es aber anscheinend gutgläubig (schlechtgläubig sollte man besser sagen) getan; doch schließlich hat er es begriffen, und (auch) darum ist der Artikel lesenswert.

Samstag, 6. August 2011

Die wunderbare Brotvermehrung

kann durch noch so fortschrittliche Predigten nicht gemeuchelt werden - das gewährleistet der Glaubenssinn des Volkes.

Fingierte «Menschenrechte» als Argument gegen Menschenrecht

machen dem Chronisten Sorge.

Sonntag, 31. Juli 2011

550. Anniversarium des Endes des Römischen Reichs

476: Ende des Weströmischen Reiches; 1453: Fall Konstantinopels, Ende des Oströmischen Reiches – das hat man in der Schule gelernt. Doch das letzte stimmt nicht: einige Jahre länger noch herrschten oströmische Kaiser. Im August 1461 aber fiel Trapezunt, ein Anlaß, jetzt des endgültigen Endes des Reichs zu gedenken.

Mittwoch, 27. Juli 2011

Wo liegt Strömen?

Wo liegt eigentlich Strömen? Oft höre ich, daß es dort regnet; aber ich habe diesen Ort noch auf keiner Karte entdeckt. Nun aber bin ich der Sache nähergekommen:
In einem oberbergischen Anzeigenblättchen lese ich, daß zwei oberbergische Unternehmen zu einem Fest eingeladen hatten – einem Konzert mit karnevalstypischer Musik – „und die Gäste kamen in Strömen“!
Im Oberbergischen also liegt Strömen! Und wer das oberbergische Wetter kennt, wundert sich nicht, daß es in diesem Ort so sehr regnet.

Urlaubserinnerungen

Bautzen:
Das zivilgesellschaftliche Engagement sorbischer und deutscher Einwohner hatte in der Oberlausitz der protestantischen Obrigkeit zum Trotz vielerorten den Fortbestand der katholischen Kirche gerettet. Der Dom in Bautzen ist geteilt (so etwas gab es öfters; bis etwa zum Beginn des XIX. Jahrhunderts war es in der Bielefelder Neustädter Marienkirche ebenso): der Chorraum ist katholisch, Konkathedrale der Diözese Meißen und Dresden, das Schiff jedoch protestantisch.
Und so gibt es dort auch noch einen prachtvollen Domschatz.

Dresden:
Natürlich ist die Waldschlößchenbrücke ein Skandal; aber so häßlich ist sie nun auch wieder nicht; und sie liegt schön abgelegen.
Darum möchte ich einen Kompromiß vorschlagen: Dresden erhält trotz dieser Brücke den Weltkulturerbetitel zurück, wenn stattdessen die Carolabrücke abgerissen wird – sie ist potthäßlich und liegt mitten in der Stadt (wenn man will, kann man ja zum Ausgleich noch die alte Carolabrücke wiedererrichten).

Mittwoch, 22. Juni 2011

Weshalb S 21?

Über die begonnenen und weiter drohenden Verwüstungen nachgedacht habe ich ja schon eher. Endlich aber habe ich nun eine einleuchtende Begründung für „Stuttgart 21“ gefunden – bei der sehr kundigen Petra Reski.

Samstag, 18. Juni 2011

Andere Nachrichten aus Syrien (iterum)

Wenn Nachrichten von einer jungen lesbischen Frau stammen, werden sie anscheinend bevorzugt gelesen, geglaubt, weitergegeben. Und wenn diese junge Frau aus einer finsteren Diktatur berichtet, dann wird sie zur Stimme der syrischen Opposition, und man macht sich nicht die Mühe, sich zu wundern, daß sie keine Bedenken hat, ihr Bild zu veröffentlichen; und daß sie nicht auf Arabisch schreibt, sondern auf Englisch, ist doch so praktisch für die internationale Presse.
Nun hat sich herausgestellt, daß es keine junge Frau in Damaskus ist, sondern ein Amerikaner in Edinburg; ob er lesbisch ist, wird nicht mehr erwähnt.

Daß wir andere Nachrichten aus Syrien bekommen haben, verdanken wir unserem aramäischen Freund, der die arabischsprachigen Nachrichten im Netz liest.

Donnerstag, 16. Juni 2011

Andere Nachrichten aus Syrien

Vor etlichen Jahren hörte ich, wie christliche Besucher des Nahen Ostens erzählten: als sie die Grenze von der Türkei nach Syrien überschritten hatten, hätten sie dort spürbar die Luft der Freiheit geatmet. Nun ist durch die Nachrichten der letzten Monate die syrische Diktatur in Verruf geraten (nun ja: eine Diktatur ist es wirklich), aber unsere aramäischen Freunde haben uns gewarnt: diese Nachrichten verzerren die Wirklichkeit. Nun lese ich die gleiche Warnung vom syrisch-katholischen Patriarchen.

Mittwoch, 8. Juni 2011

Das «katholische Ghetto» – gab es das?

Ja, leider!
Natürlich waren in früherer Zeit Priester, Ordensleute und katholische Lehrer genau so unterschiedlich wie heute; und ich habe von der älteren Generation sehr verschiedene Schilderungen gehört, oft sehr gute – allerdings auch ...
Die persönlichen Erlebnisse, die ich von älteren Bekannten oder gar Klienten gehört habe, möchte ich hier nicht ausbreiten; doch auch ich selber habe noch etwas davon mitbekommen. Meine Lehrerin aus dem 2. Schuljahr, eine fromme und liebevolle Frau, damals schon weit jenseits der Pensionsgrenze, empörte sich über die unanständigen jungen Leute, die auf der Straße Eis essen, mit der Zunge! Von einer noch älteren Lehrerin habe ich gehört, daß in ihrem Seminar unanständige Wörter verboten waren; so mußten die jungen Damen damals «Beinfutteral» anstelle von «Hose» sagen.
Aber es waren nicht nur solche Kuriositäten, auch nicht nur das XIX. Jahrhundert, in dem der im übrigen bedeutende Papst Leo XII. nützliche Errungenschaften der modernen Technik verdammte. Wenn der Index librorum prohibitorum die Lecture des Gros’ der neuzeitlichen Philosophen den Katholiken untersagte, sogar die der Werke Renés Descartes, dessen Dualismus zwar nicht zu halt en ist, der nichtsdestoweniger in seinen Meditationen wichtige Beiträge zur Apologetik gebracht hat, so heißt das, daß Katholiken sich an philosophischen Diskussionen nicht wirklich beteiligen konnten.

Ganz aktuell zeigt ein Zeitungsinterview mit einer älteren modernen Nonne, wo noch die Ghettomentalität bis in unsere Zeit florierte, und klärt dabei die Frage, was eigentlich katholisch ist.
Eine Weiße Schwester hat ihr Ordensleben dem Bemühen gewidmet, Prostituierten herauszuhelfen, in Kenia, dann auch in Europa. Im Interview sagt sie gute, wichtige Dinge: daß sie, damals in Mombasa, keine Prostituierte getroffen hat, die mit ihrer Lebenssituation zufriedengewesen wäre; daß es hierzulande nötig war, «Frauen in der Prostitution Zugang zu Versicherungen» zu garantieren, aber daß durch das neue Prostitutionsgesetz, das davon ausgeht, Prostitution sei «ein Beruf wie jeder andere», es «viel schwieriger geworden» ist, «Frauen, die Opfer von Menschenhandel sind», aus den Bordellen zu befreien.
Allerdings nutzt sie das Interview auch, mit Gemeinplätzen gegen Papst Johannes Paul II. und Ratzinger zu polemisieren, gegen die «Amtskirche», die «ja sehr ins Zwielicht geraten» sei «durch Affären».
Woher diese unbegründete Animosität einer engagierten Ordensfrau gegen die eigene Kirche?
An einer anderen Stelle des Interviews sagt sie etwas, was in mir Verständnis erweckt: «Wir hatten im Kloster auch Seminare, die uns auf die Ehelosigkeit vorbereiteten. Die Oberin sagte, wir müssen die Sinne beherrschen, was ich richtig finde. Aber ihr Vorschlag, dass wir die Augen schließen sollen, wenn etwas schön ist, oder dass wir nicht an allem riechen sollen – das fand ich blöd.»
In solchen Ratschlägen der Oberin erkenne ich etwas von dem berüchtigten katholischen Ghetto des XIX. und frühen XX. Jahrhunderts. Natürlich war damals nicht die ganze Kirche so geartet, aber solche Haltungen hatten in ihr doch Raum – privat habe ich ähnliches und schlimmeres gehört.
Die Schwester sagte: «Nach der Stunde bin ich in den Garten und habe an jeder einzelnen Blume gerochen.» Sollte jemand noch unsicher sein, wer da katholischer war, die damals noch junge Schwester oder ihre Oberin, der denke an den Brief, in dem Basileios d.Gr. Gregor von Nazianz gegenüber von seinem Klösterchen schwärmt:
«So sehe ich einen Ort vor mir in Wirklichkeit, wie wir ihn uns bei Muße und im Scherze oft vorzumalen pflegten. ... Der sie umgebende Urwald mit den verschiedenen und mannigfaltigen Bäumen dient ihr fast gar als Zaun, so daß im Vergleich zu ihr sogar die Insel der Kalypso, die Homer wegen ihrer Schönheit mehr als alle Inseln bewunderte, unansehnlich erscheint. ... Unsere Hütte trägt ein anderer Bergsattel mit einem etwas erhabenen Plateau davor, so daß man die erwähnte Ebene unten vor seinen Augen liegen sieht und von oben herab auch den Fluß ringsum überschauen kann. Dieser bietet, wie wenigstens mir scheint, nicht weniger Genuß als der Strymon, von Amphipolis aus betrachtet.»

Samstag, 4. Juni 2011

«Der Rabbi von Rom»

heißt die Autobiographie von Israel Zolli, der sich nach dem II. Weltkrieg zum Christentum bekannt hat und als Taufnamen den Taufnamen Papst Pius’ XII. angenommen hat.
Ich habe sie mir besorgt, weil ich bei meiner Beschäftigung mit diesem Papst darauf gestoßen war. Und ich habe etwas anderes erhalten, als ich erwartet hatte: mehr Confessiones als Memoiren.
Eugenio Zolli spricht seine große Bewunderung und Dankbarkeit für Papst Pius aus; aber er erklärt ganz klar, daß er nicht aus Dankbarkeit konvertiert ist, sondern aus Liebe zu Jesus Christus. Es ist die Geschichte eines Juden, der die Liebe zu Christus entdeckt und, von ihm fasziniert, doch ganz selbstverständlich Jude bleibt, Rabbiner bleibt, bis nach dem Weltkrieg er plötzlich erkennt, daß er in die Kirche gehört – und auch da bleibt er Jude.
Spannend für deutsche Christen ist, daß er von seinem jüdischen Hintergrund aus die Rechtfertigung durch den Glauben und den Begriff «Gedenken» betrachtet. Wir sind bei diesen Begriffen von der Reformation geprägt («Gedenken» hier auf das Altarssakrament bezogen); schon indem wir uns mit ihr auseinandersetzen, werden wir von ihrer Denkweise beeinflußt. Israel Zolli dagegen hatte nie sonderlichen Kontakt mit dem Protestantismus; er versteht die Begriffe als Jude – und befreit uns damit von reformatorisch erzeugter Blickverengung.

Leider habe ich nur die deutsche Version – «Der Rabbi von Rom», München 2005 –; das Original ist italienisch: «Prima dell’alba», Milano 2004. Und leider sind Einführung und Nachwort des Buches, vom Enkel des Autoren geschrieben, nicht sehr hilfreich.
Auch hätte ich gern gewußt, was aus der älteren Tochter Israel Zollis, Dora, geworden ist – seine Frau und seine jüngere Tochter sind mit ihm konvertiert. Aber für Dora Zolli geben weder das Buch – eben mehr Confessiones als Memoiren – noch, soweit ich es durchforsten konnte, das Netz etwas her.

«Lass Papa das mal machen!»

heißt ein langer Artikel von Kathrin Burger in der tageszeitung. «Väter und Mütter sind in gleichem Umfang für das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit eines Kindes wichtig», mit diesen Worten wird Wassilios Fthenakis zitiert, «der lange Jahre am Münchner Staatsinstitut für Frühpädagogik forschte».
Natürlich gibt es dazu auch die üblichen Beschwörungen der Hirnforschung; aber vor allem werden solide entwicklungspsychologische Ergebnisse angeführt, die zeigen, daß Mutter und Vater – eventuell auch «ein Opa, Onkel oder Lehrer» – für die optimale Entwicklung der Kinder erforderlich sind. «Einerseits spielen sie mehr und wilder mit dem Nachwuchs als Mütter. Sie verwenden auch komplexere Satzkonstruktionen, was die Sprachentwicklung der Kinder fördert. Zudem sind Kinder von guten Vätern selbständiger.»
Mutter und Vater – damit haben sich eigentlich alle Forderungen nach einem «Adoptionsrecht für homosexuelle Paare» erledigt.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Mittwoch, 18. Mai 2011

Zwei unterschiedliche Formen der Gottesdienstfeier für dieselbe Theologie

«Offenbar unbeachtet sei» bei „Universæ ecclesiæ“, der jüngsten vatikanischen Klärung zur Frage des Nebeneinanders von ordinärem und extraordinärem Usus, «die Anfrage [aus der Bischofskonferenz und von Theologen] geblieben, wie zwei unterschiedliche Formen der Gottesdienstfeier für dieselbe Theologie stehen können, sagte Kranemann» laut KNA.
Eigentlich eine einfache Frage: wir haben schon immer den römischen, den ambrosianischen, den mozarabischen, den byzantinischen Ritus und all die orientalischen Riten nebeneinander gehabt; sie alle stehen «für dieselbe Theologie».
Sollte der ordinäre Usus Herrn Prof. Kranemanns Meinung nach nicht für diese Theologie stehen können (ich selber meine, daß er es kann), so müßte er folglich entsorgt werden, denn ein liturgischer Usus, der der Theologie widerspräche, die sich im überlieferten römischen Ritus und in den anderen Riten des Westens und des Ostens manifestiert hat und die fast zwei Jahrtausende der Kirchengeschichte hindurch von der Kirche als ihr wesensgemäß erkannt wurde, könnte keinen Platz in der Kirche finden.
Herrn Prof. Kranemann sollte sich entscheiden: die beiden Usus als theologisch grundsätzlich übereinstimmend anzusehen schlösse eine derartige Kritik an „Universæ ecclesiæ“ aus; zwischen ihnen einen theologischen Widerspruch zu erkennen würde die Konsequenz erfordern, für die Beseitigung des ordinären Usus zu plaidieren.

Samstag, 14. Mai 2011

«Keine pädagogischen Interessen»

Eigentlich geht es der Autorin des Artikels, Frau Ute Andresen, um etwas Spezielles: die Einführung einer neuen „Grundschrift“ an unseren Schulen, die die Abschaffung der Schreibschrift mit sich zu bringen droht. «Die Marketingkampagne des Grundschulverbandes für die neue Grundschrift läuft an: Bei einem Workshop ging es bald mehr um ökonomische als um didaktische Fragen» – wahrscheinlich hat Frau Andresen recht; aber das ist nicht so sehr mein Thema.
Aber dann folgen einige Sätze, die für jeden interessant ist, dem der Unterricht an unseren Schulen wichtig ist (die Orthographie ist korrigiert):
«Sie wollen das auch nicht, denn sonst wankte ihr zentrales Dogma: Gut ist individualisiertes Lernen mit Karteien, Arbeitsblättern und -heften! Durch Lehrerinnen angeleitetes Lernen in großer Gruppe, wie es ein unaufwendiger Schreibunterricht verlangt, ist Frontalunterricht – und schlecht.
Übersehen wird: In all dem vorgedruckten Arbeitsmaterial zum individualisierten Lernen stecken fremde, autoritäre Vorgaben, die für die einzelnen Lernenden blind sind. Das erzeugt Mißmut, Nachlässigkeit und Widerstand beim Abarbeiten, nicht Lernbegeisterung. Lehrerinnen vor der Klasse haben die Lernenden im Blick, erkennen, welche Schwierigkeiten eine Aufgabe mit sich bringt und stehen dafür ein, daß sie bewältigt werden können. Jetzt! Sie passen Erklärungen und Hilfen individuell an und zugleich halten sie die Lernenden so beisammen, daß Kinder mit wenig Mut und Kraft vom Können der Stärkeren ermutigt und gestützt werden. Der unmittelbare Lohn für alle: die gemeinsame, stille, gesammelte Arbeit ...».

Mittwoch, 4. Mai 2011

Besser, wenn es eine Jüdin sagt

«Die Sicht der Christen»: ein Leserbrief von Iris Weiss im Berliner Lokalteil der tageszeitung vom 3. Mai 2011 (leider nicht im Netz zu finden). Dort lese ich unter anderem:
«Was nervt Juden und Muslime am meisten bei Dialogveranstaltungen mit Christen? Dass Christen ihnen ständig mit dem Anliegen kommen, gemeinsam beten zu wollen.»
«Als Jüdin – seit mehr als 25 Jahren im interreligiösen Dialog engagiert – bete ich noch nicht mal mit allen Juden.»
«Das sehen wir als völlig normal an. Und warum sollen wir dann, wenn wir schon innerjüdisch ganz unterschiedliche Orte und Gewohnheiten des Betens haben, dies mit anderen Religionen tun wollen? Jede Religion hat auch ihre eigene (lntim-)Sphäre, und bei interreligiösen Friedensgebeten ist es eher ein – wie ich finde etwas verkrampftes – Nebeneinanderbeten ... als ein Miteinander.»
«Religiöse Menschen können viel miteinander tun: lernen, diskutieren, soziales Engagement. Aber wie sollte so ein gemeinsames Gebet aussehen?»
«Ich fühle mich auch nicht „ausgegrenzt“, wenn ich nicht am Abendmahl teilnehmen darf, weil ich es gar nicht wollte.»

Atom und Euratom

Atomkraftausstieg: gut und richtig.
Allerdings ist Bundesdeutschland durch den Euratomvertrag an die Atomkraft (der Werke, nicht der Sonne) gebunden. Darum ist eine Kündigung dieses Vertrages dringlich.
Dankenswerterweise läuft gerade eine Petition. Nur: die Zeit dringt.

Dienstag, 3. Mai 2011

Gibt es Wunder? – Ja

meinen ernsthafte Leute, Bischof Friedhelm Hofmann von Würzburg und Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, aber auch ein Phantast (der Vorsitzende des Deutschen Astrologenverbandes), der nur sein Steckenpferd reitet.
Aber natürlich gibt es auch Nein-Sager, und die näher zu betrachten ist aufschlußreich.
Da ist ein schlichter Herr aus Hilchenbach, der einfach seinen antikirchlichen Vorurteilen ihren Lauf läßt. Da ist ein ausgetretener Priester (nein, nicht etwa Eugen Drewermann, sondern – richtig, da gab es doch noch wen – Gotthold Hasenhüttl), der seine ebenso schlichten antikirchlichen Vorurteile mit dem Beiwort «theologisch» schmückt. «Im Alten Testament gibt es Heil- und Strafwunder, und solche Wundervorstellungen haben sich in der katholischen Kirche vielfach erhalten», lese ich von ihm. Verstehe ich recht: (1.) Wunder hätte es also im Neuen Testament nicht gegeben, und (2.) Altes Testament wäre irgendwie schlecht. Ist es abwegig, wenn ich diese Denkweise irgendwie antisemitisch finde?
Schließlich sagen noch zwei Physiker Nein: ein «Astrophysiker, Naturphilosoph und Fernsehmoderator» und ein «Physiker und Rapper der Gruppe Blumentopf».
Nun, einen Blumentopf kann sich keiner der beiden mit seinen Argumenten verdienen. Im wesentlichen sind diese bei beiden die gleichen: «Wenn wir bei unseren Forschungen zu einem Ergebnis kommen, das wir nicht verstehen, ist das für uns kein Wunder, sondern lediglich Anlass dafür, weiterzuforschen und genau das herauszufinden und zu erklären, was wir noch nicht verstehen», formuliert es der eine; «Derartiges als übernatürliches „Wunder“ zu akzeptieren, hieße dagegen, die Suche nach den natürlichen Ursachen aufzugeben», setzt der andere fort.
Abgesehen von den Begriffen „erklären“ und „verstehen“ – ich finde, Gottes Wirken kann eine Erklärung sein, die mich verstehen läßt –, abgesehen von solchen Subtilitäten: was die beiden Physiker meinen, ist: man muß sich nur gedulden, bis sie in naher oder ferner Zukunft eine naturwissenschaftliche Erklärung gefunden haben werden.
Aus der modernen Wissenschaftstheorie ist die Forderung bekannt: jede wissenschaftliche Aussage muß falsifizierbar sein. Die Aussage: alles ist naturwissenschaftlich erklärbar, irgendwann jedenfalls – sie ist nicht falsifizierbar, weil ja (wenn freilich auch nicht uns persönlich) unendliche Zeit zur Verfügung steht, die Erklärung zu erwarten.
In der Kirche wird, um ein Wunder anzuerkennen, gefordert, daß es (1.) mit dem naturwissenschaftlich Erwartbaren nicht vereinbar ist, daß es (2.) einen im Einzelfall beschreibbaren geistlichen Faktor gibt, daß es (3.) zwischen diesem geistlichen Faktor und dem wunderbaren Ereignis einen engen (!) zeitlichen Zusammenhang gibt (wenn ich für einen kranken Menschen bete und er einige Tage später gesund wird: das ist nicht eindeutig genug, um ein Wunder anzunehmen).
Nach dem modernen Wissenschaftskriterium der Falsifizierbarkeit ist also bei den einschlägigen Ereignissen die Annahme eines Wunders wissenschaftlicher als die Vertröstung auf eine naturwissenschaftliche Erklärung in unbestimmter Zukunft, wie sie uns die beiden Physiker zumuten.

Samstag, 30. April 2011

Verwüstungen

Die Pharaonen bauten Pyramiden, und die heutigen Politiker ...
Der Chronist widmet sich auch dieser Frage und macht einen besonderen Kompromißvorschlag.

Vertreibungen

Über das Unheil, das die Atomunfälle angerichtet haben, spricht zur Zeit fast jeder. Ein Aspekt, der weniger wichtig zu sein scheint, wird dabei gern übersehen. Aber es geht um Menschenrechte und Staatsgewalt; darum widmet sich der Chronist diesem Thema.

Dienstag, 26. April 2011

Der Straßenmusikant

Stücke von Josquin und Händel werden in der Leipziger Thomaskirche gegeben (nein, nicht von den Thomanern) – da nehmen wir die Mühe einer Fahrt nach Leipzig auf uns.
Vor dem Kircheneingang bettelt ein Straßenmusikant. Schließlich, kurz vor dem Beginn des Konzertes, hat er genug zusammen, er kauft sich nun von dem erbettelten Geld eine Eintrittskarte fürs Konzert.

Samstag, 23. April 2011

Die Kartage

Wie geht man in einer Pfarrkirche mit den Improperien um?
Eine sinnvolle Lösung hat der Chronist in der Propstei unseres Großstädtchens erlebt.

Warum ist der Herr erst am dritten Tage auferstanden? Darauf findet sich eine einfache Antwort.

Wissenschaftsmoden

hat der Chronist aufgespürt, wie sie mal im öffentlichen Leben, mal im Glaubensleben Verheerungen anrichten.

Mittwoch, 20. April 2011

Einen guten Gedanken

zur Illustration der Passionslesung bemerkte der Chronist in einer Palmsonntagsmesse. Leider endete es doch nicht ganz glücklich.

Donnerstag, 14. April 2011

Atomkraftwerke?

Soll man als Christ gegen Atomkraftwerke sein? Es ist damit ja etwas anderes als mit der Gentechnik, gegen die es grundsätzliche moralische Einwände gibt; man kann nicht sagen, daß Atomkraftwerke an sich unmoralisch wären. Aber Atomkraftwerke unter den - technischen, juristischen - Voraussetzungen unserer Zeit stellen eine andere Frage. Und so freue ich mich, zu erfahren, daß ein so nobler Philosoph wie Robert Spaemann zu den gleichen Schlüssen gekommen ist wie wir.

Montag, 11. April 2011

Die Perikope von der Ehebrecherin

wird an diesem Passionssonntag nach dem ordinären Usus gelesen (Joh 8, 1-11).
«„Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.“ ... Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten.»
Sicher: wichtig hier sind die Worte, das Verhalten des Herrn. Mir aber kommt ein anderer Gedanke: Könnte Er heute das Gleiche tun, würden Prominente unserer Zeit sich ebenso ehrlich zeigen wie die Ältesten der Juden?

Samstag, 9. April 2011

Freitag, 8. April 2011

Wird der Islam domestiziert?

Ein Interview mit Annette Schavan zum Thema: Umgang mit dem Islam in Deutschland.
«Der Islam ist selbstverständlich Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit in Deutschland», lese ich da einerseits, «Wir wollen über eine Weiterentwicklung des Islam reden – so, wie wir sie oft verbinden mit den Prozessen der Aufklärung» andererseits. Ich sympathisiere nicht mit dem Islam, darum braucht mich das nicht zu stören. Aber: wenn ich Muslim wäre, wollte ich sicher nicht meinem Glauben von westlichen Politikern weiterentwickeln lassen. Unbehagen allerdings verspüre auch ich: wenn das heißt (was mir die naheliegende Folge zu sein scheint), daß der Islam der «political correctness» unterworfen würde, einem Religionssurrogat, das geistig leerer und uns Christen gegenüber feindseliger als der Islam ist, so wäre das wenig erfreulich für uns.
Doch bedeutsamer erscheint mir etwas anderes:
Frau Schavan wird darauf angesprochen, daß nunmehr «muslimische Verbände bei der Berufung von Professoren bei den islamischen Studien ein Mitspracherecht haben»; sie antwortet: «Klar ist: Der Beirat der muslimischen Verbände entscheidet nicht über die Berufungen. Das entscheidet die Universität». Und «wenn die Hochschule einen zu refomfreudigen muslimischen Theologe berufen will und der Beirat sagt: Nein?» – «Dann kann ich nur raten, der Wissenschaft zu folgen. Die wissenschaftliche Reputation muss der relevante Faktor sein. Und ein Beirat müsste schon sehr gewichtige Gründe haben, ein eindeutig wissenschaftliches Votum zu übergehen.»
Was mich beschwert, ist die Wissenschaftsgläubigkeit, die sich darin zeigt. Ich erinnere mich, wie Professor Hans-Joachim Schulz (er hatte zuvor «Die apostolische Herkunft der Evangelien» [Freiburg 1993] veröffentlicht) erzählte, daß, als er als Liturgiewissenschaftler die Liturgie als Sitz im Leben (wie das auf theologesisch heißt) besonders des Johannesevangeliums aufgewiesen hatte und dadurch und natürlich durch Quellenstudium diese apostolische Herkunft der Evangelien hatte untermauern können, Neutestamentler, denen er seine Erkenntnisse vortrug, ihn «mit haßerfüllten Augen» angeblickt hätten. Und er fragte, etwas suffisant, warum denn eigentlich die sich nicht gefreut hätten, daß er so für ihren Forschungsgegenstand solch ehrwürdigen Ursprung hatte nachweisen können. – Jeder Theologe könnte sicher etliches an vergleichbaren Erfahrungen schildern.
So nun steht es nicht selten mit der Wissenschaftlichkeit der Wissenschaft.
Wissenschaftsgläubigkeit? oder doch Feindschaft gegen die Religion?
Was mich beunruhigt, ist, daß so, wie Frau Schavan und andere Politiker den Islam handzahm zu machen planen, sie es mit dem Christentum schon lange leider nicht ganz erfolglos in Arbeit haben.

Mittwoch, 6. April 2011

Montag, 4. April 2011

Liebe Mit-Konzilsanerkenner,

als vor einiger Zeit das Thema «das Konzil anerkennen» hochgekocht war, kam ich auf den Gedanken, auch einiges darüber zu schreiben – was hat das II. Vaticanum zur Kirchenmusik und besonders zum gregorianischen Gesang gesagt? was das II. Nicaenum zu den Bildern und zum übrigen Schmuck in der Kirche? was das Tridentinum zu den niederen Weihen? Damals kam ich zu spät; das Thema war schon wieder heruntergekocht, so habe ich es gelassen.
Jetzt aber hat der Situs „Summorum Pontificum“ sich dankenswerterweise dem Thema der niederen Weihen gewidmet, er hat aufgezeigt, wie das Tridentinum deren Sinn und Nutzen verbindlich klargestellt hat.
1972 wurden die vier niederen Weihen und der Subdiakonat abgeschafft; sie wurden ersetzt durch zwei Beauftragungen: der zum Lektor und der zum Akoluthen. Das heißt, daß jetzt Leute mit diesen Funktionen beauftragt sind, aber nicht die Weihe dazu haben – ein Zustand, der etwas an protestantische «Ordinationen» erinnert, bei denen stets leichter zu erfahren ist, was sie nicht sind, als was sie sind. Und den Subdiakonat gibt es auch in allen Ostkirchen außer der äthiopischen; seine Abschaffung bricht also einen ökumenischen Konsens.
Darüber hinaus ist die Abschaffung dieser Ordines, wie der Artikel auf „Summorum Pontificum“ zeigt, ein Verstoß gegen die Lehre des Tridentinischen Konzils. Aber er ist zudem ein Verstoß gegen die Lehre des II. Vatikanischen Konzils, denn das forderte in der Konstitution „Sacrosanctum concilium“ (23.) mit dem ausdrücklichen Ziel, «daß die gesunde Tradition festgehalten werde»: «Neuerungen schließlich dürfen nicht geschehen, wenn nicht ein wahrer und sicherer Nutzen der Kirche das erfordert.» Nun liegt aber solch «ein wahrer und sicherer Nutzen der Kirche» in den niederen Weihen, wie das Tridentinum uns lehrt; somit ist deren Abschaffung auch ein Verstoß gegen das II. Vaticanum.
Wir haben also durch die Abschaffung der niederen Weihen und des Subdiakonats einen schädlichen, einen irregulären Zustand in der Kirche.

Montag, 21. März 2011

Westliche Politiker angesichts der Scho’a

Meine kritischen Anmerkungen zu westlichen Regierungen jener Zeit finden Bestätigung in einem Buch von Jan Karski: «Mein Bericht an die Welt. Geschichte eines Staates im Untergrund» (Aus dem Englischen und Französischen von Franka Reinhart und Ursel Schäfer. München 2011). Ich zitiere aus einer Besprechung:
«Wie ist der Öffentlichkeit in den alliierten Ländern, wie den Regierungen nur klarzumachen, dass hier ein ganzes Volk abgeschlachtet wird? ... In London stößt Karski auf taube Ohren. Der führende Vertreter des Bundes in London, Szmul Ziegelboim, zieht aus dieser Lage die Konsequenz und begeht Selbstmord.
... Erst aus dem Lanzmann-Interview ... erfahren wir, dass der von Karski bewunderte britische Außenminister Eden den Zugang zu Premier Churchill versperrte, dass Präsident Roosevelt keine einzige Frage zum Schicksal der Juden stellte und dass Felix Frankfurter, Richter am amerikanischen Supreme Court, Karskis Bericht einfach keinen Glauben schenkte. Zu weit jenseits der menschlichen Auffassungskraft, um für wahr gehalten zu werden.»

Wie anders verstand und handelte Papst Pius!

«Friedliche Nutzung der Kernenergie»

Diesen Euphemismus hörte ich jüngst wieder im Radio.
Anzumerken ist dazu freilich, daß nach 1945 sehr viel mehr Menschen durch «friedliche» als durch kriegerische Nutzung der Kernenergie umgekommen sind – nicht nur in Tschernobyl und jetzt wohl in Japan, sondern auch in unserem Land.

Samstag, 19. März 2011

Mehr als eine strategische Allianz –
Orthodoxe Stimmen über Papst Benedikt

aus „kath.net“:

«Für den „Außenminister“ der russisch-orthodoxen Kirche [Metropolit Hilarion Alfejew, Erzbischof von Wolokamsk] habe es seit der Wahl von Papst Benedikt „erhebliche Fortschritte“ gegeben, da dieser die orthodoxe Kirche sehr gut kenne.»

Kardinal «Koch erzählte dann auch von einer kürzlich stattgefundenen Begegnung mit Patriarch Kyrill. Dieser bewundere den Hl. Vater für das, was er sagt und was er tut. Der Patriarch leide auch mit, weil er permanent als Konservativer abgestempelt werde.»

«Dann erinnerte Hilarion Alfejew, dass es um traditionelle Vorstellungen wie Kindererziehung oder den Wert des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlich Tod gehe. „Heute schützen nur die katholische und die orthodoxe Kirche das traditionelle Familienleben. Ich bin froh, dass eine konkrete Zusammenarbeit in dieser Richtung bereits verwirklicht wird.“»

Donnerstag, 17. März 2011

Sind Atomkraftwerke sicher?

Die Kraftwerkbetreiber haben mit der Abschaltung der ältesten Atomkraftwerke begonnen, so höre ich im Radio; aber sie behalten sich Klagen vor.
Aber schon dadurch ist es doch erwiesen: wenn Betreiber klagen können gegen staatliche Maßnahmen für die Sicherheit, wenn also der Staat ein finanzielles Risiko eingehen muß, um das Sicherheitsrisiko einschränken zu können, dann sind Atomkraftwerke schon dadurch nicht sicher.

Überalterung – was tun?

Geburtenrückgang, demographischer Wandel, Überalterung – das Problem wird immer wieder beschworen; Maßnahmen wie das einkommensabhängige Elterngeld werden eingeführt. Aber an einer zentralen Stelle des Problems gehen die staatlichen Maßnahmen in eine ganz andere Richtung:
«Vielmehr erlebten die arbeitslosen Frauen eine mögliche Schwangerschaft als „sozioökonomische Bedrohung“, schreibt Annelene Gäckle in ihrer Studie», so lese ich in der tageszeitung, in einem Artikel eigentlich ganz anderer Stoßrichtung.
Kann der Staat nicht da finanziell beistehen? Die Länder zahlen zwar gegebenenfalls etwa 500 € bei einer Schwangerschaft von Hartz-IV-abhängigen Müttern, allerdings – für eine Abtreibung.

Dienstag, 15. März 2011

Das Memorandum, ein Professor und die «traditio»

Immer noch beschäftigt mich Prof. Kamplings Vortrag.
Es ist eine völlig unbestreitbare These, die er damit begründet, daß das nun «traditio» sei – «traditio» sagt er, nicht schlicht deutsch: Tradition; diese Wort sei nur ungenau durch «Überlieferung» zu übersetzen.
Die These, um die es geht, wurde von Paul VI. sanktioniert und von Johannes Paul II. griffig formuliert: Israel ist – immer noch – das Volk Gottes.
Das stimmt.
Nur die Begründung: «traditio», und daher endgültig gültig, sei es deshalb, weil es vom Lehramt, dem Papst, verkündet worden sei und in das Leben der Kirche eingegangen sei. Punctum.
Man kann jene Tatsache – daß Israel das Volk Gottes ist – leicht begründen; ein einfacher Blick in die Heilige Schrift könnte reichen. Aber durch diese Definition wird plötzlich alles, was ein Papst lehrt und eine nicht genauer bestimmte Zahl von Christen ihm abnimmt, zur endgültig gültigen «traditio».
Die Kirche aber, das Tridentinum (Sessio IV), das Vaticanum I (Sessio III), lehrten anderes: endgültig gültige «traditiones» sind die, die auf die Apostel zurückgehen; auf sie ist letztlich auch das kirchliche Lehramt beschränkt (es gibt zwar eine Weiterentwicklung der Tradition; es kann aber keine neuen Lehren geben, die nicht implicite in ihr seit der Offenbarung an die Apostel enthalten sind). Nach Prof. Kamplings Definition jedoch hätten neue Lehren freie Bahn.
Bemerkenswerterweise verwendet Prof. Kampling seine Definition von «traditio» an anderer Stelle nicht: das Christentum sei ursprünglich eine bilderlose Religion gewesen (eine wohl nicht ganz den Tatsachen gerechte Behauptung; er begründet das durch Eusebius, einen Mann von nicht gerade eindeutiger Orthodoxie, der Bilder heruntergerissen habe); aber die Kneipierin Helena (in Wirklichkeit war es ihr Vater, der eine Gaststätte betrieb) habe das nicht verstanden und, unziemlicherweise, das in Gang gesetzt, was dann kam. Nun: die Bilderverehrung ist, theologisch wohl begründet vor allem durch Johannes Damascenus, durchs Nicaenum II gerechtfertigt worden und ausgiebigst in das Leben der Kirche (besonders der orthodoxen Kirche) eingegangen. Also gerade auch nach seiner Definition klarste gültige «traditio».

Katholische Kirche und Judentum – ich möchte den anwesenden Juden keine Diskussion über innerkirchliche Themata zumuten; statt Diskussion zu suchen, nehme ich das Angebot einer Frau aus meiner Pfarrei an, mich nach Hause mitzunehmen. Die subtilen Beobachtungen, die mich so ärgern, hat sie, theologisch nicht so achtsam, nicht gemacht; aber im Gespräch befindet sie, der Professor sei völlig in seinem eigenen Denken verhaftet; ihr sage es mehr zu, auch die Wirklichkeit um sie herum wahrzunehmen.

Montag, 14. März 2011

Das Memorandum, ein Professor, Papst Pius XII. und Atomkraftwerke

Katholische Kirche und Judentum: ein spannendes Thema; ich gehe interessiert hin.
Der Referent, Prof. Kampling, stammt aus dem Münsterland, er wird als ausgewiesener Fachmann vorgestellt. Allerdings: wir erfahren, daß er das berüchtigte Memorandum unterzeichnet hat.
So wie das Memorandum, so der Vortrag. Manches wird angedeutet, so daß man zu verstehen meint – aber nachweisbar gesagt hat er es nicht. Manches hat er gesagt – aber was das, weitergedacht, letztlich bedeutet, bleibt offen.
Manches war ärgerlich bis abwegig; aber ich habe keine Lust, alles aufzuwärmen. Schreiben will ich nur von dem, was mich besonders interessiert.
Papst Pius XII. – auf ihn geht Prof. Kampling ein: er stellt fest, daß sich an diesen Papst eine Diskussion anknüpft, die nicht mehr durch seine Person zu erklären ist; und er wirft dankenswerterweise gewissen Feinden des Papstes deren unsachliche radikale Feindseligkeit vor. Aber er spricht bei dieser Gelegenheit auch von dem «schweigsamen» (oder «schweigenden») Papst – womit er jene berüchtigten falschen Vorwürfe durch die Hintertür wiederaufnimmt. Und dann: eigentlich müßten sich nicht irgendwelche Meinungsführer, sondern Historiker dieser Frage widmen – doch die täten es nicht, sagt Prof. Kampling.
Die Historiker täten das nicht –demnach bliebe die Frage also offen, wohl endlos offen. Aber es gibt doch historische Zeugnisse, die auch dann aussagekräftig wären, wenn kein Historiker sie ausgewertet hätte, von Eugenio Zollis Autobiographie bis zu Pinchas Lapides zum Teil jedenfalls solide belegte Materialsammlung. Und Männer wie Michael F. Feldkamp und Michael Hesemann haben die Tatsachen historisch geprüft. Es ist ungefähr so wie bei den Bedrohungen durch Atomkraftwerke: der stete Verweis, daß das wissenschaftlich alles noch nicht aussagekräftig sei, läßt die Frage endlos offen und bedeutet im einen Fall, daß die Verleumdungen endlos weiterwabern, im anderen, daß marode Atomkraftwerke weitergeführt und offenkundig ungeeignete Endlagerstätten endlos weiter avisiert (oder eines Tages gar in Betrieb genommen) werden.

Aschenkreuz und Kommunion

Die Fastenzeit hat begonnen.

Samstag, 5. März 2011

Arbeitslose dürfen keine Arbeit finden

«Bisher mußte der Arbeitslosengeld-II-Empfänger diese Differenz, etwa 150,-- für exakt nichts, selber aufbringen; nun hat das Bundessozialgericht die „Jobcenter“ verurteilt, sie zu bezahlen», schrieb der Chronist vor gut sechs Wochen.
Das wird künftig also nicht mehr so sein; aber die Bundesregierung hat sich in ihrer besonderen Art von Güte entschlossen, die Arbeitslosengeld-II-Empfänger auf den Schulden sitzen zu lassen, die sie ansammeln mußten, weil sie diese etwa 150,-- für exakt nichts nicht von ihrem schmalen Arbeitslosengeld bezahlen konnten.
Das bedeutet zum Beispiel, falls sie wieder Arbeit fänden: «„Dann wird das Problem akut“, erklärt Anke Plener, Fachanwältin für Sozialrecht in Berlin: „Wenn einem Bedürftigen das gelingt, er aber die rückständigen Versicherungsbeiträge in der Privaten Krankenversicherung nicht zahlt, sinkt sein Versicherungsschutz auf eine Notversorgung.“ Der Grund dafür: Nur für Hilfebedürftige gilt eine Sonderklausel, nach der die PKV auch dann volle Leistungen gewähren muss, wenn diese mit den Beiträgen im Rückstand sind», erfahre ich aus der tageszeitung.
An der Regierung, die solches den Ärmsten zumutet, die Arbeitslosen ein wirtschaftliches und gegebenenfalls medizinisches Desaster zumutet, falls sie wieder zu arbeiten beginnen, ist maßgeblich eine Partei beteiligt, die sich «christlich» nennt. Kann man noch auf Christen in deren Fraktion hoffen?

Freitag, 4. März 2011

Zum Himmelreich...

geht es hier.

Donnerstag, 24. Februar 2011

Schon wieder muß unterschrieben werden

Der Site «Motu proprio: Summorum Pontificum» sieht Gefahr im Verzug für den Vollzug des gleichnamigen Motu proprio. Wie groß diese Gefahr auch immer sein mag: sicher ist es angemessen, die guten Absichten des Papstes gegen dunkle Machenschaften im Vatikan zu unterstützen und also, so miserabel die Unterschriftensammlung technisch auch geraten ist, zu unterschreiben.

Montag, 21. Februar 2011

Die Unterzeichner des Memorandums

Nein, ganz unberührt läßt mich die Liste der Unterzeichner nicht. Daß Herr Küng alle Vorurteile gegen ihn immer wieder bestätigt, ist nichts Neues; und daß Herr Pesch dabei ist, der schon in der Zeit, als es noch weder Indult-Messen noch Ecclesia-Dei-Gemeinschaften, geschweige denn das Motu proprio «Summorum pontificum» gab, gegen den nun extraordinär genannten Ordo agitierte, ist ebensowenig bemerkenswert. Aber P. Hengsbach darunter zu finden, der doch ein bedeutender Vertreter der katholischen Soziallehre ist, schmerzt. So drohen die Soziallehre einerseits, die Glaubenslehre und die Liturgie andererseits zu Themata verschiedener Parteien innerhalb der Kirche zu werden, derart, daß die Vertreter der ersteren die letztere bekämpfen, die der letzteren dann in Gefahr sind, die Soziallehre zu vernachlässigen.

In diesen Tagen – die Zeit ist günstig – hat auch der Chronist wieder einmal «Erfahrungen und Ausdrucksformen der Gegenwart, die in der Liturgie einen Platz haben» und so dem entsprechen mögen, was die Verfasser des Memorandums sich wünschen, entdeckt.

Mittwoch, 16. Februar 2011

Papst Pius XII. – das Nachspiel

Am 9. Oktober 1958 starb Papst Pius XII. Unter seinem Pontifikat hat das Ansehen des Papsttums in der Welt einen Höhepunkt erreicht; Pinchas Lapide zitiert Danksagungen jüdischer Persönlichkeiten am Ende des Krieges und nach dem Tod des Papstes in großer Menge.
Zu seinem Nachfolger wurde am 28. Oktober Kardinal Roncalli gewählt: Johannes XXIII.
Msgr. Angelo Giuseppe Roncalli war der Diplomat, der sich wohl am erfolgreichsten im Dienst des Papstes für die verfolgten Juden eingesetzt hatte. Und seine menschliche und geistliche Qualität ist unbestritten – eine wirklich heiligmäßige Persönlichkeit.
Aber er erlangte bald ein Ansehen, das das seines Vorgängers in einer breiten Öffentlichkeit noch in den Schatten stellte. Und es stellt sich da die Frage: wieviel hatte dieses Ansehen mit der Person des neuen Papstes zu tun, wieviel davon hat andere Gründe?
Papst Johannes XXIII. war eine Sphinx. Er war der Papst, der das «Aggiornamento» ausrief und diesem mit dem II. Vaticanum den Weg bereitete, aber auch der, unter dessen Pontifikat Arbeiterpriester definitiv verboten wurden, auch der, der im selben Jahr, in dem er dieses Konzil eröffnete, mit seiner Apostolischen Konstitution «Veterum sapientia» Unterricht auf Latein in den Seminarien anordnete.
Zwei Taschenbücher mit Texten von Johannes XXIII. habe ich: das «Geistliche Tagebuch» (Freiburg 1964) und eine Anekdotensammlung: Henri Fesquet: «Ich bin ja nur der Papst» (Frankfurt 1965; Freiburg 1975). Die Persönlichkeit, die sich im geistlichen Tagebuch zeigt – ein frommer, demütiger, scheinbar etwas trockener Priester –, hat keine Ähnlichkeit mit dem launigen, recht scharfzüngigen Urheber der Anekdoten (so bezeichnete er Kardinal Montini einmal als «Unseren Hamlet»). Auch wenn man davon ausgeht, daß das Tagebuch sicher authentisch ist, Anekdoten dagegen oft zweifelhaft sind, so bleibt die Frage: wie kann einem der Kirche so treuen Mann der Ausspruch unterschoben werden: «Es gilt, den kaiserlichen Staub, der sich seit Konstantin auf den Thron des heiligen Petrus gesetzt hat, abzuschütteln» («An einen Botschafter» wird nur als Quelle zitiert).
Offensichtlich wurde die wirkliche Herzlichkeit und Unkonventionalität Johannes’ XXIII. von einem gewissen Geist der Zeit instrumentalisiert, ihn gegen seinen Vorgänger und letztlich gegen die Kirche in Stellung zu bringen – worum er nicht gebeten hatte und was seiner Haltung durchaus nicht entsprochen haben dürfte.
Aber es war nicht nur der anonyme Zeitgeist; auch ganz konkrete Personen mischten mit. In der Einleitung der Anekdoten schrieb der Herausgeber, Georg Huber zitierend: «wenn Papst Pius XI. Ehrfurcht, Papst Pius XII. Bewunderung einflößten, so weckte Johannes XXIII. Zuneigung; ja mehr noch – Liebe.» Und: «Er war der einzige Papst dieses Zeitalters, von dem auch ein kommunistischer Arbeiter sagen konnte: „Das ist ein Mann, mit dem ich gerne ein Glas an der Theke trinken möchte.“»
Natürlich ist das so falsch. Hier wird ein imaginärer kommunistischer Arbeiter ins Spiel gebracht – welche Liebe ein wirklicher kommunistischer Arbeiter zu Papst Pius XII. zeigte (der, als einmal in Rom Bomben fielen, sogleich zur Stelle war, um zu helfen), schildert Konstantin Prinz von Bayern sehr konkret (Der Papst. Ein Lebensbild. München 1952). Aber an diesem imaginären kommunistischen Arbeiter zeigt sich, daß das Ansehen, das hier der Person Johannes’ XXIII. künstlich zugespielt wurde, letztlich parasitär ist: ein kommunistischer Arbeiter kann Leute genug finden, mit denen er „ein Glas an der Theke trinken“ kann. Bedeutung gewinnt der Papst „an der Theke“ dadurch, daß man sich einen Papst dort nicht vorstellen kann. Ist der Papst „an der Theke“ erst einmal normal geworden, so interessiert man sich nicht mehr für ihn.
Natürlich trank Papst Johannes XXIII. nicht einfach mit irgendwem „ein Glas an der Theke“. Aber es gelang, den Papst als Menschen mit recht alltäglichem Gebaren zu popularisieren (womit man seiner Persönlichkeit natürlich in keiner Weise gerecht wurde); und natürlich hatte sich dieser Effekt, nachdem der Kontrast zum Auftreten seiner Vorgänger abgegrast war, schnell verzehrt – unter Paul VI., der als Kardinal mit einem Bergmannshelm posiert hatte, stürzte das Ansehen des Papsttums auf seinen Tiefpunkt.
Es gab also einen Zeitgeist, es gab eine Machination gewisser Kreise, die sich gegen die transzendentale Ausstrahlung des Papsttums wendeten, die noch Pius XII. (auch wenn er das päpstliche Zeremoniell vereinfacht hatte) ungebrochen verkörperte.
Aber das allein erklärt schwerlich die Verleumdungswelle, deren erste Spuren schon zu seinen Lebzeiten sich zeigten, die danach so hoch aufschäumte, in Deutschland, in den USA, selbst in Israel, dessen Politiker beim Tod des Papstes sich doch noch voller Dankbarkeit zeigten.
«Die beiden großen Übel, die heute die Welt vergiften, sind der Laizismus und der Nationalismus.» Dieser Satz stammt nicht von Papst Pius, sondern aus Msgr. Roncallis Geistlichem Tagebuch (Oktober 1942). Es war eine Kränkung der laizistischen Welt, daß es vor allem Kirchenfürsten waren, die in der Zeit des NS-Regimes besonders viel für die Menschenrechte geleistet hatten. Es war eine Kränkung für sie, daß im Einsatz für Menschenleben sich die Kirche so viel besser bewährte als die westlichen Staaten.
Zum Vergleich:
Im Juli 1938 tagte, veranlaßt vom US-amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, die Konferenz von Évian: Vertreter von 32 Staaten suchten nach Zufluchtsorten für deutsche und österreichische Juden, doch niemand war wirklich bereit, sie in ausreichender Zahl aufzunehmen – Joseph Goebbels hatte Gelegenheit zum Spott über Juden, die niemand wolle.
Bestätigt wurde er nicht einmal ein Jahr später, als im Mai 1939 die St. Louis mit mehr als 900 jüdischen Flüchtlingen Deutschland verließ und diese (mit Ausnahme einiger weniger) nirgendwo die Erlaubnis erhielten, an Land zu gehen, nicht in Kuba, dem ursprünglich vereinbarten Ziel, nicht in Kanada noch in den USA – Präsident Roosevelt wollte sie zwar geben, doch seine Partei stellte sich quer. Die Irrfahrt endete wieder in Europa; nach der Besetzung der Niederlande, Belgiens und Frankreichs durch Deutschland 1939 und 1940 fiel etwa die Hälfte dieser Flüchtlinge dem NS-Regime zum Opfer.
Schließlich stand für Juden aus dem Machtbereich des NS-Regimes praktisch nur das japanisch besetzte Schanghai offen, dessen Einreisebedingungen sich aber seit 1939 ebenfalls verschärften, bis Ende 1941 auch dieser Zufluchtsort unzugänglich wurde.
Errechnet man das Verhältnis der aufgenommenen jüdischen Flüchtlinge zur Bevölkerung des Staates (oder Gebiets), so erhält man
für die USA 0,13%,
für Portugal 0,13%,
für Groß-Britannien 0,21%,
für Schanghai 0,5 %,
für die Schweiz 0,6 %,
für den Vatikan 320 %.
Allerdings ist die Zahl für den Vatikan viel zu niedrig, denn vom Vatikan wurden die Flüchtlinge, wenn möglich, weitergeschleust an Zufluchtsorte in sicherer Entfernung vom NS-Machtbereich, so daß nur schwer abzuschätzen ist, wieviel jüdische Flüchtlinge zugleich da waren; mit Sicherheit waren es deutlich mehr als 3000, welche Zahl den 320% zugrunde liegt. Die Zahl der Juden, die überhaupt in der Zeit der deutschen Besatzung Roms in vatikanischen Gebäuden Zuflucht gefunden hatten, betrug gut 530% der Einwohnerzahl.

Darum die Angriffe gegen die Kirchenfürsten, die sich am meisten ausgezeichnet hatten, besonders gegen Papst Pius XII. Stete Wiederholung der immer gleichen unwahren Anwürfe gegen ihn führte dazu, daß die Verleumdungen in der Öffentlichkeit glaubwürdiger zu erscheinen begannen als die Wahrheit. Uns Katholiken wird nichts anderes übrigbleiben, als auch die Wahrheit ständig zu wiederholen.

Wen eigentlich kann ich noch wählen?

Kleptokraten? Oder militante Laïzisten?

Dienstag, 15. Februar 2011

Entwarnung?

Ich habe die Liste der Unterzeichner des berüchtigten Memorandums durchforstet und kann nun bezeugen:
Niemand hat unterschrieben!

Quo usque tandem

abutemini «theologiae» professores et profestrices patientia nostra?
Aber da das nun einmal so ist, so stöhnen wir mit Phileireno:
Subscribere necesse est.

Samstag, 12. Februar 2011

Die Päpste Pius XI. und Pius XII.

Die Personen

Don Achille Ratti
war ein bedeutender Wissenschaftler, seine Wirkungsstätte war die Bibliotheca Ambrosiana und später die Bibliotheca Vaticana. Ein eher ruhiges Gelehrtendasein – doch hatte er auch eine andere Seite: er war ein sehr fähiger Alpinist, unternahm bis zum Alter von 56 Jahren viele anspruchsvolle Bergtouren. Das erforderte Umsicht und Urteilsvermögen – ähnlich wie seine wissenschaftliche Arbeit –, zudem Mut und Entscheidungskraft und besonders auch Solidarität.
Dann kam der Erste Weltkrieg. An dessen Ende überschlugen sich die Ereignisse: er wurde 1918 Apostolischer Visitator, 1919 Nuntius, 1921 Erzbischof von Mailand und Kardinal, 1922 Papst.
Pius XI. war der Papst, der Quadragesimo anno (1931) von Rerum novarum mit seiner Enzyklika die katholische Soziallehre weiterführte, mit einer Enzyklika, die weitgehend von Oswald von Nell-Breuning verfaßt war, der sich nicht scheute, auch von Marx zu lernen; doch wurden der Marxismus abgelehnt – und ebenso der Kapitalismus, der Glaube an die Konkurrenz als Allheilmittel. Er begründete die Katholische Aktion, die intensive Teilnahme der Laien am Apostolat der Kirche, forcierte die Mission, gab Kirchen von Missionsländern einheimische Bischöfe.

Don Eugenio Pacelli
hatte sein priesterliches Leben fast ganz im diplomatischen Dienst der Kirche verbracht. 1917 kam er nach Deutschland, wurde Nuntius in München, dann in Berlin. Er lernte in zwölf Jahren Deutschland sehr genau kennen, lernte perfekt Deutsch. 1929 kehrte er zurück nach Rom, wurde Kardinal, ein Jahr später Kardinal-Staatssekretär.
Neben dem temperamentvollen robusten Lombarden Ratti verkörperte der grazile Römer Pacelli das diplomatische Prinzip. Pius XI. war ein sehr energischer, sehr impulsiver Mann – aber er hatte sich auch als Wissenschaftler ausgezeichnet, hatte viele gefährliche Bergtouren zu überleben gewußt. Msgr. Pacelli war Diplomat, ein sehr umsichtiger, bedachtsam handelnder Mann – aber er handelte so entschieden, daß die NS-Propagandisten ihn als Scharfmacher gegen ihre Ideologie identifiziert haben. Als Nuntius zeigte er körperlichen Mut, als er auch während der Revolutionswirren 1918-19 in der Stadt blieb und sich so den Wirren der Revolution aussetzte, in deren Lauf ein bewaffneter Stoßtrupp bis zu ihm in die Nuntiatur vordrang.
Papst Pius XI. und sein Staatssekretär ergänzten einander, wirkten gegenüber den totalitären Mächten der Zeit ähnlich eng zusammen, wie einst Papst Pius VII. und Kardinal Consalvi, Papst Leo XIII. und Kardinal Rampolla zusammengewirkt hatten.

Die totalitären Regime

Als 1922 Pius XI. Papst wurde, regierten in Rußland bereits die Sowjets, wurde dort die Kirche schon grausam verfolgt, unter Lenin nicht minder als unter Stalin. 1922 begann der Aufstieg Stalins, gelangte Mussolini an die Macht. Der Papst bemühte sich, die Probleme der Kirche durch Konkordate zu lösen, bemühte sich auch um eines mit der Sowjet-Union, erklärte, er würde sogar mit dem Teufel persönlich einen Pakt schließen, wenn es um das Heil der Seelen ginge.
Um dem totalen Machtanspruch dieser Regime gegenüber die Geltung übergeordneter, gottgegebener naturrechtlicher Normen einzufordern, führte der Papst am Ende des Heiligen Jahres 1925 das Fest Christ König am letzten Sonntag im Oktober ein. 1926 verurteilte er die Weltanschauung der ultranationalistischen Action française, die zwar kirchenfreundlich war, zugleich jedoch letztlich irreligiös, antisemitisch war und «Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit» ablehnte, Werte, die sich zwar die laïzistische Republik auf die Fahne geschrieben hatte, die jedoch – so Papst Leo XIII. – ursprünglich christlich sind. 1927 wurden die verbliebenen Mitglieder exkommuniziert.
Schon im März 1928, als die NSDAP noch eine bedeutungslos erscheinende Splitterpartei war, ließ er durch ein Dekret des Heiligen Offizium den Antisemitismus ausdrücklich verurteilen. Als er im September 1938 vor einer Pilgergruppe diese Verurteilung wiederholte, sagte er dabei auch den Satz: «Wir sind im geistlichen Sinne Semiten.»
1929 gelang ihm der Abschluß der Lateranverträge mit dem faschistisch regierten Italien, welche die Souveränität des Vatikanstaates begründeten – wieder einmal hat es sich in unserer Zeit gezeigt, wie notwendig der Schutz der Kirche durch diese politische Souveränität ist, als das US-amerikanische Höchste Gericht dem Papst abwegiger Beschuldigung wegen die Immunität aberkannt hat.
Doch den Faschismus verdammte er 1931 mit der Enzyklika «Non Abbiamo Bisogno» – der ersten Enzyklika, die nicht auf Latein verfaßt war.

In Deutschland war seit 1932 die NSDAP die stärkste Partei. Die deutschen Bischöfe hatten schon im August 1932 in den «Richtlinien» der Fuldaer Bischofskonferenz festgestellt, daß ihre sämtlichen Ordinariate die Zugehörigkeit zur NSDAP für unerlaubt erklärt hatten. Die Folgen waren deutlich: wo immer im Deutschen Reich überwiegend Katholiken wohnten, erhielten die Nationalsozialisten deutlich weniger Stimmen (an Ausnahmen gefunden habe ich die Kreise Sonthofen, Markt Oberdorf und Habelschwerdt mit einer mittleren Zahl von Wählern der NSDAP; an umgekehrten Ausnahmen – wenig Wählerstimmen für die Nationalsozialisten, wo nur wenig Katholiken lebten, gab es etwas mehr, wie Weimar und Leipzig, doch waren es nicht viele).
Politisch jedoch scheiterte die katholische Abwehr; 1933 konnte die NSDAP mit ihren bald darauf an den Rand gedrängten Verbündeten «die Macht ergreifen». Nun mußte gerettet werden, was zu retten war. Unter diesen Umständen war es klar, daß diese Art von Abwehr aufgegeben werden mußte; doch in der Sache wichen die Bischöfe nicht zurück. Die Verbote wurden mit einem Hirtenbrief der deutschen Bischöfe vom 29. März aufgehoben; doch im selben Hirtenbrief wurde ausdrücklich gesagt, daß die diesen Verboten zugrunde liegende «Verurteilung bestimmter religiös-sittlicher Irrtümer» davon unberührt bestehen blieb.
Nun aber bot Hitler den Abschluß des schon 1921 ausgehandelten, von den vorhergehenden Regierungen der Weimarer Republik verschlampten Reichskonkordats an, das die Lage der Kirche wenn auch nicht real, so doch juristisch absicherte. Gern wird Papst Pius XI., vor allem aber dem damaligen Kardinal-Staatssekretär Pacelli zum Vorwurf gemacht, er habe Hitler durch den ersten internationalen Vertrag, den dessen Reichsregierung abschließen konnte, ebendieses Reichskonkordat, diplomatisch hoffähig gemacht. Wirklichkeit ist: die Verhandlungen darüber begannen im April 1933 – die für den Viermächtepakt, mit dem Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien Zusammenarbeit und Solidarität vereinbarten, hatten im März begonnen. Am 8. Juli wurde das Konkordat paraphiert – der Viermächtepakt bereits am 7. Juni; am 20. Juli wurde es unterzeichnet – der Viermächtepakt bereits am 15. Juli. Ratifiziert wurde der Viermächtepakt nicht mehr, doch diplomatisch war er für die NS-Regierung bereits ein voller Erfolg: sein Abschluß hatte klargestellt, daß sie diplomatisch auf keinerlei Ablehnung stieß. Welche Staaten waren auf dem diplomatischen Parkett gewichtiger: England, Frankreich und Italien einerseits oder der Vatikan andererseits?
Das Konkordat half der Kirche freilich nur wenig, es folgte ein ständiger Kampf: des Regimes gegen die Kirche – ohne Rücksicht aufs Konkordat –; der Kirche gegen die rassistische und kollektivistische Ideologie.
1937 verdammte der Papst mit der wiederum in Volkssprache verfaßten Enzyklika «Mit brennender Sorge» den Nationalsozialismus, seinen Rassismus und seinen Totalitarismus. Es gelang, unter völliger Geheimhaltung die Enzyklika binnen einer Woche zu verteilen, so daß sie am Palmsonntag in allen Kirchen in allen Gottesdiensten verlesen werden konnte.
Das Regime reagierte massiv: alle Betriebe, die die Enzyklika gedruckt hatten, wurden enteignet – ihre Schulden ausgenommen; so wurden der Kirche künftige Aktionen dieser Art unmöglich gemacht. Wer außerhalb kirchlicher Gebäude die Enzyklika verteilte, wurde von der Gestapo belangt. Sittlichkeitsprozesse wurden gegen Priester eingeleitet – die deutsche Presse berichtete ausführlich darüber. Es gab Verurteilungen, aber auch Freisprüche – über letztere allerdings berichtete die deutsche Presse nicht.
Im September desselben Jahres, 1937, besuchten zum ersten Mal die Botschafter Frankreichs und Großbritanniens den Reichsparteitag der NSDAP. Als 1938 Hitler Rom besuchte, verließ der Papst die Stadt demonstrativ, um ihm nicht begegnen zu müssen.

Pius XII.

Pius XI. starb am 10. Februar 1939; am 2. März wurde, schon im dritten Wahlgang, Kardinal Pacelli zum Papst gewählt.
Kardinal Pacelli kannte Deutschland sehr gut; er sprach auch fließend Deutsch. Und er hatte ein klares Urteil. 1933 nannte er Hitlers Machtergreifung «verhängnisvoller ... als es ein Sieg der sozialistischen Linken gewesen wäre» (Heinz Hürten: Deutsche Katholiken 1918 bis 1945. Paderborn 1992, S. 193). Im selben Jahr fand der Rabbiner und Denker Leo Baeck: «Die nationale deutsche Revolution, die wir durchleben, hat zwei ineinandergehende Richtungen: den Kampf zur Überwindung des Bolschewismus und die Erneuerung Deutschlands. Wie stellt sich das deutsche Judentum zu diesen beiden? Der Bolschewismus, zumal in seiner Gottlosen-Bewegung, ist der heftigste und erbittertste Feind des Judentums» (Jüdische Allgemeine vom 24.1.2008: Hitlers Machtübernahme/„Ich bin auf alles gefasst“).
Kardinal Pacelli hatte mitgewirkt an der Enzyklika, hatte den Titel «Mit großer Sorge» verschärft zu «Mit brennender Sorge», hatte Aussagen gegen die Rassenideologie eingefügt. So wurde er für die nationalsozialistische Propaganda zur zentralen Figur des kirchlichen Kampfes gegen das Regime und seine Ideologie.
Papst Pius XI. und sein Staatssekretär hatten einander bemerkenswert ergänzt, Kardinal Pacelli hatte seine Stelle an der Seite des Papstes gefunden. Nun, gerade in der schwersten Zeit, mußte er beider Aufgaben allein übernehmen. Daß es ihm schwer viel, das neue Amt zu übernehmen, zeigte sich daran, daß er zeit seines Pontifikats die Tiara nur trug, wenn es unumgänglich war. Er nahm den Namen seines Vorgängers an, wurde Pius XII.. Die Aufgaben mit jemand anderem so zu teilen, wie Pius XI. es mit ihm getan hatte, erschien nicht möglich; daher ernannte er nach 1944 keinen eigenen Staatssekretär mehr.
Pius XII. war der Papst, der sich mühte, die Kirche für die Gegebenheiten der modernen Zeit bereit zu machen, so etwa mit liturgischen Reformen, die zum Teil bis an die Schmerzgrenze gingen (starke Reduktion des Nüchternheitsgebots vor der Kommunion, Abendmesse, Reform des Triduum sacrum) und doch das Wesen der Liturgie achteten. Er sprach Pius X. heilig; doch er war es auch, der mit den Enzykliken Divino Afflante Spiritu von 1943 und Humani Generis von 1950 die katholische Theologie vom überspannten Biblizismus der Bibelkommission Pius’ X. löste. Doch die Lehre der Kirche wußte er unbeschadet zu wahren.

Judenverfolgung und Krieg

Am 1 September 1939 begann der II. Weltkrieg. Seit dem 11. Juni 1940 beteiligte sich das Italien auf Seiten Deutschlands am Krieg. Seitdem war der Vatikan eine winzige Enklave mitten im Gebiet der «Achsenmächte». In Deutschland gab es quasi-staatliche Judenverfolgung, seit am 22. Februar 1933 SA- und SS-Leute zur Hilfspolizei ernannt wurden. Große Ausmaße nahm sie seit den Pogromen der Reichskristallnacht vom 9. auf den 10. November 1938 an; im Laufe des II. Weltkriegs weitete sie sich zum Völkermordes aus.
Im faschistischen Italien spielte der Antisemitismus anfangs keine bedeutsame Rolle, aber Italien geriet zunehmend unter deutschen Einfluß. Anfang 1939 häuften sich antisemitische Verordnungen im Geiste der «Nürnberger Gesetze», die Juden von vielen akademischen Berufe ausschlossen; der Vatikan protestierte nicht nur, sondern wußte auch zu helfen – Pinchas Lapide nennt den Kartographen Prof. Almagià, der, als er seine Anstellung verlor, in den Dienst der Vatikanischen Bibliothek übernommen wurde und unter päpstlicher Ägide die bibliophile Reproduktion einer Landkarte aus der Renaissance herausgeben konnte; ein Exemplar davon ließ Papst Pius XII. dem deutschen Außenminister schenken.
Ende Juni 1943 wird die faschistische Regierung gestürzt; daraufhin erobert Deutschland einen Großteils Italiens; so ist seit dem 10. September 1943 Rom mit Ausnahme des vatikanischen Territoriums dem nationalsozialistischen Völkermordregime ausgeliefert. Der Vatikan selbst, militärisch machtlos kann sich nur auf Verträge stützen.

Der Papst, der redete
Das vatikanische Territorium war umringt von der Militärmacht der faschistischen Regierung, später gar der nationalsozialistische Besatzungsmacht, wehrlos gegen jedwede Willkürmaßnahmen. Die Auslieferung des Osservatore Romano und aller vatikanischen Publikationen konnte unschwer unterbunden werden, Radio Vatikan konnte gestört, Telephon- und Telegraphenleitungen konnten gekappt werden. In Deutschland waren die zuverlässigsten katholischen Druckereien durch die Maßnahmen nach dem Erscheinen von «Mit brennender Sorge» erledigt. Die Verbreitung kritischer kirchlicher Stellungnahmen war in der Zeit des Krieges für jeden lebensgefährlich, der dabei half. So drohten die letzten Kanäle verschlossen zu werden, drohte jede Äußerung die letzte mögliche zu sein. Andererseits war längst alles gesagt: der Antisemitismus, der Faschismus, der Nationalsozialismus waren vom Papst verdammt. So konnte und so mußte der Papst eigentlich kaum mehr reden – er tat es dennoch. Pinchas Lapide (S. 229 f.) zählt mindestens sechs laute Äußerungen Pius’ XII. für Brüderlichkeit mit den Juden, gegen das Blutvergießen. Markantestes Beispiel ist die Weihnachtsbotschaft von 1942: «Questo voto l'umanità lo deve alle centinaia di migliaia di persone, le quali, senza veruna colpa propria, talora solo per ragione di nazionalità o di stirpe, sono destinate alla morte o ad un progressivo deperimento – die, persönlich schuldlos, bisweilen nur um ihrer Volkszugehörigkeit oder ihrer Abstammung willen dem Tode geweiht oder einer fortschreitenden Verelendung preisgegeben sind» (Radiomessaggio di Sua Santità Pio XII alla vigilia del santo natale. Giovedì, 24 dicembre 1942).
Albert Einstein Ende 1940: «Nur die katholische Kirche protestierte gegen den Angriff Hitlers auf die Freiheit. Bis dahin war ich nicht an der Kirche interessiert, doch heute empfinde ich große Bewunderung für die Kirche, die als einzige den Mut hatte, für geistige Wahrheit und sittliche Freiheit zu kämpfen.» (Des savants nous parlent de Dieu, éd. Rend Courtois, p. 70, Bruxelles [P. Lapide 228]).

Der Papst, der lieber rettete als redete
Durch die Lateranverträge völkerrechtlich geschützt waren das Territorium der Vatikanstadt sowie etliche extraterritoriale Kirchen und kirchliche Einrichtungen in Rom. In Rom lebten damals etwa 8000 einheimische Juden und weit über 1000 jüdische Flüchtlinge. Gut 1000 davon fielen der Scho’a zum Opfer; die übrigen wurden gerettet, ganz überwiegend in kirchlichen Einrichtungen und Klöstern. Überall dort wurden Juden untergebracht, in Rom, ebenso im übrigen Italien. So konnten in Italien von den einheimischen 45 000 Juden und den 10 000 jüdischen Flüchtlingen die meisten gerettet werden; 8 000 allerdings fielen doch der Scho’a zum Opfer. Auf päpstliche Anordnung wurde für die Rettung der Juden die Klausur der Klöster außer Kraft gesetzt; in Klöstern – so in den Kellerräumen von San Francesco in Assisi – wurden Synagogen für sie eingerichtet. Geschützt gegen Übergriffe waren sie nur durch die Vertragstreue notorisch vertragsbrüchiger Regime – und keineswegs waren alle kirchlichen Gebäude, die hierfür genutzt wurden, extraterritorial. Letztlich war der einzige Schutz der Juden die Treue des katholischen Volkes zur Lehre der Kirche und zum Papst.
Darum waren Vorsicht und Diplomatie lebensnotwendig. Pinchas Lapide zitiert Don Pizzo Scavizzi: «Ich habe wiederholt erwogen, den Nationalsozialismus zu exkommunizieren, um die Bestialität des Judenmordes vor der zivilisierten Welt anzuprangern. Doch nach vielen Tränen und Gebeten bin ich zu dem Schluß gekommen, daß ein Protest nicht nur den Verfolgten keine Hilfe bringt, sondern sehr wohl das Los der Juden verschlimmern könnte ... Vielleicht hätte mir ein feierlicher Protest das Lob der zivilisierten Welt eingetragen, aber er hätte den armen Juden eine noch unerbittlichere Verfolgung gebracht als die, die sie jetzt zu leiden haben.» (nach Guenter Lewy & Hildegard Schulz: Die katholische Kirche und das Dritte Reich, S. 250, München 1965). Und er zitiert, was Pius XII. am 2. Juni 1943 über die um ihrer Rasse oder Nationalität willen Verfolgten zu den Kardinälen sagte: «Jedes Wort, das Wir in diesem Anliegen an die zuständigen Behörden richteten, und jede unserer öffentlichen Kundgebungen mußte von Uns ernsthaft abgewogen und abgemessen werden im Interesse der Leidenden selber, um nicht ungewollt ihre Lage noch schwerer und unerträglicher zu gestalten» (Aufbau und Entfaltung des gesellschaftlichen Lebens. Soziale Summe Pius’ XII., hrsg. v. Arthur-Fridolin Utz u. Joseph Fulko Groner. Fribourg o.J., Nr. 1913).
Der Papst hatte recht: am 11. Juli 1942 protestierten die niederländischen Bischöfe in einem Telegramm an die Besatzungsbehörden gegen die Judendeportationen: «.. erschüttert durch die Maßnahmen gegen die Juden ... haben mit Entsetzen Kenntnis genommen von den neuen Maßregeln ...»; im Hirtenbrief vom 20. Juli machten sie ihren Protest öffentlich. Dieser Protest, sehr emphatisch, aber ohne ein eigentliches Verdammungsurteil, reichte aus, die deutsche Besatzungsmacht zu veranlassen, nun auch die zur katholischen Kirche konvertierten Juden zu deportieren, während die protestantischen verschont blieben.

Hätte der Papst mehr ausrichten können, wenn er sich anders verhalten hätte? Nun: solche «Was wäre, wenn»-Fragen lassen sich nicht gültig beantworten. Aber ich konnte nichts erkennen, was Zweifel daran erweckt hätte, daß Pius XII. stets die bestmögliche Entscheidung getroffen hat. Die Bemühungen und Leistungen des Papstes wurden allgemein anerkannt und bewundert; Pinchas Lapide zitiert eine Vielzahl von Danksagungen jüdischer Persönlichkeiten und Institutionen an ihn; der römische Oberrabbiner der Kriegszeit, Israel Zolli, nahm bei seiner Taufe den Taufnamen des Papstes, Eugenio, an.

Ich bin kein Historiker, habe keine eigene Quellenforschung betrieben (abgesehen von meiner braunen Brochure). Ich wollte nichts Neues ans Licht bringen – es ist längst genug an entscheidenden Tatsachen bekannt –, sondern die markantesten dieser Tatsachen markant zusammenstellen. Wenn Verleumdungen immer wieder neu veröffentlicht werden, so soll eben auch die Wahrheit immer wieder veröffentlicht werden.
Meine Hauptquelle ist
Pinchas E. Lapide: Rom und die Juden (Freiburg 1967), eine weitere Konrad Löw: Die Schuld (Gräfeling 2002) – ein eigentümliches Buch: eine gewisse Tendenz darin ist mir unverständlich. An Quellen bin ich bei ihm einmal auf eine so obskure Publikation gestoßen, daß ich meinte, ein wichtiges Zitat auslassen zu müssen; dann aber habe ich dieses Zitat von der Jüdischen Allgemeinen bestätigt gefunden. von diesen beiden Autoren habe ich viele Informationen übernommen, ohne sie in jedem Fall besonders zu nennen. Weitere Informationen habe ich von Michael F. Feldkamp: Goldhagens unwillige Kirche (München 2003).