Der neue Bundespräsident ruft auf, so ist in den Zeitungen zu lesen, nur weniges leider im wörtlichen Zitat.
Er ruft auf zu Mut und Zuversicht: „Lasst uns mutig sein!“ So ist zu wünschen, daß er auf der anderen Seite die verantwortlichen Politiker aufruft, das abzubauen, was den Menschen den Mut nimmt – so die „Agenda 2010“.
Jene „Agenda 2010“ ist es ja, die Menschen zwingt, bei Arbeitslosigkeit sich mit Arbeitsstellen zufriedenzugeben, die weit unter ihrer Qualifikation liegen, diese Qualifikation so allmählich zu verlieren (und so herrscht dann plötzlich Fachkräftemangel). Sie zwingt Menschen, um eines Arbeitsplatzes willen bundesweit umzuziehen und so ihre soziale Einbindung aufzugeben, die Schullaufbahn ihrer Kinder durch Schulwechsel auch in andere Bundesländer mit anderem Lehrplan beschädigen zu lassen, für hilfsbedürftige Angehörige, die am Ort bleiben, nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Sie zwingt Menschen, sobald sie für etwas längere Zeit arbeitslos werden, Alterssicherungen außerhalb der mehr und mehr unzureichenden Rentenversicherungen aufzugeben. Sie zwingt Menschen in diesem Fall, weitgehend auf eigene Kosten (doppelte Mietzahlung für die Übergangszeit, Fachkräfte für den Umzug) in Wohnungen zu ziehen, die oft weitab von ihrem sozialen Umfeld liegen.
Seinerzeit war der neue Präsident an der Durchsetzung dieser armutsproduzierenden „Agenda“ nicht unbeteiligt; nun, da er die Wahl gegen einen angesehenen Armutsforscher gewonnen hat, für ihn Gelegenheit, sich dieser Wahl würdig zu erweisen, sich von den damaligen Irrwegen abzusetzen.
Er fordert, die Demokratie zu verteidigen. So ist zu wünschen, daß er auch die verantwortlichen Politiker aufruft, gegen das einzutreten, was zur Zeit die Demokratie am meisten gefährdet: gegen Abkommen wie CETA, die durch Klagerechte für Konzerne und die Möglichkeit für diese, in „regulatorischer Kooperation“ sich in die Gesetzgebung einzumischen, eine oligarchische Komponente in der Republik zu institutionalisieren drohen.
Aber ich habe auch im Umfeld der Wahl gehört, wie ein Ministerpräsident, der einer nicht als neoliberal geltenden Partei angehört, erklärt hat, nun sei staatliche Zusammenarbeit international angesagt, darum sei Freihandel, nicht Protektionismus erforderlich. Als wäre Freihandel im Sinne solcher Freihandelsabkommen staatliche Zusammenarbeit und nicht Rückzug der Staaten aus der Wirtschaft. Und als sei es ein Argument für eine schlechte Sache, daß der neue US-Präsident dagegen ist.
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