Am Mittwochabend ist in einer Pfarrei ein Vortrag zum Thema «Ursprüngliche Wirklichkeit – Gott als Ursprung» angesagt. Etwas Schöpfungstheologie – das kann interessant werden; ich gehe also hin.
Der Saal ist voll. Ein gewisser Professor Johannes Soukop trägt vor; offensichtlich ist er hier vielen schon bekannt. Er bittet, sich auf ungewohnte Gedankengänge einzulassen; am Ende werde es dann ganz fromm.
Das wird es nicht. Er beginnt erkenntnistheoretisch, auf ganz ansehnlichem philosophischen Niveau, entfaltet dann eine akosmistische Theorie, die mich zunächst an Berkeley denken läßt. Während er den Mangel an logischer Stringenz im alltäglichen ebenso wie im wissenschaftlichen Denken geißelt, verzichtet er da, wo es um seine eigene Position geht, selbst auf solche Stringenz – etwa indem er ungeordnet zwischen Epistemologie und Ontologie wechselt: daraus, daß man aus der menschlichen Wahrnehmung der Außenwelt nicht zwingend auf die Existenz dieser Außenwelt schließen kann, folgert er, daß es die gar nicht gebe. Anderes, was er konsequenterweise dann ebenfalls verwerfen müßte, die Existenz anderer Menschen, behält er ebenso entschieden wie unbegründet bei, ebenso Geburt, Embryonaldasein und Sterben des Körpers (nicht des Menschen, der könne nicht sterben; eine Seele allerdings gebe es nicht) – obwohl er die Existenz einer Welt «auf dem Zeitstrahl» ablehnt.
Gott als Ursprung läßt er gelten – das ist ja sein Thema. Aber dann wird sein Reden über Gott recht pantheïstisch; immerhin beruft er sich auf Meister Eckhart. Überhaupt fällt kein indisches Wort, kein indischer Name; aber schließlich ist seine Theorie doch klar als hinduistisch, als Vedânta zu erkennen für jeden, der etwas von dieser Lehre weiß, der die «großen Worte» kennt und weiß, was man (in späterer Zeit) mit «Schleier der Mâyâ» meint.
Auch, was ich als «Theologie der Religionen» kenne, erscheint – unbenannt – in seinem Vortrag: das allermeiste sei unbekannt, unzugänglich; alle Religionen seien Annäherungen daran. Das Christentum als Annäherung an Unzugängliches aufzufassen, dem sich andere, gerade auch indische Religionen ebenso nähern, ist freilich nur möglich, wenn man das Christentum völlig entkernt – das aber tut er ja auch. Ein Hinweis darauf, daß «Theologie der Religionen» oft bedeutet, daß das Christentum entkernt und dann von indischer Religion vereinnahmt wird.
In der Diskussion wird Prof. Soukop schwammig, wenn die Fragen scharf werden. Aber außer von mir hat er wenig zu befürchten, trotz eines anscheinend recht gebildeten Publikums; der Abend wird beschlossen von einer Dame, die erklärt, zu 85 % mit ihm übereinzustimmen. Immerhin bittet der Referent gelegentlich den Pfarrer, jetzt einmal nicht hinzuhören; aber auch das, wobei der Pfarrer hinhören darf, ist eindeutig. Ich hoffe, in einigen Tagen Gelegenheit zu haben, den Pfarrer darauf einmal anzusprechen.
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