Zum vergangenen Karfreitag hat die Piratenpartei zu Tanz-Flashmobs gegen das Verbot von Tanzveranstaltungen am Karfreitag aufgerufen. (Flashmob nennt man eine über das Internet zu einem gemeinsamen Zweck sich blitzartig zusammenfindende Volksmasse)
Das ist ziemlich kurzgedacht. Ein Pastor impfte seine Meßdiener vor der Fronleichnamsprozession gegen dumme Bemerkungen von Autofahrern: „Ihr müßt ihnen antworten: Wenn wir das hier nicht täten, müßtest du heute arbeiten.“ So könnte man den Piraten erwidern: Wenn du Karfreitag tanzen willst, dann mußt du diesen Feiertag abschaffen.
Die Piraten argumentieren, daß es in einem religiös neutralen Staat nicht in Ordnung sei, wenn ein (kleiner, und kleiner werdender) Teil der Gesellschaft allen Bürgern vorschreiben wolle, was sie an einem Feiertag zu tun und zu lassen hätten. Auch das ist sehr kurz gedacht: Karfreitag ist ein staatlicher Feiertag. Zwar auch ein kirchlicher, aber die Kirche würde niemals auf die Idee kommen, Muslimen oder Atheisten eine Feier an diesem Tag verbieten zu wollen. Sie kann und will es nicht. Der Staat hat das Tanzverbot erlassen, und zwar um den Sinn dieses Tages für die ganze Gesellschaft in Erinnerung zu halten.
Als Kirche sind wir natürlich dankbar für die staatlichen Feiertage, aber wir brauchen sie nicht. Wir könnten auch frühmorgens oder nach Feierabend zur Feier der Gottesdienste zusammenkommen. Es ist der Staat, der einige Feste des Kirchenjahres (nicht zuletzt den Sonntag) zu arbeitsfreien Tagen erklärt hat, weil er weiß: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist.“ (Ernst-Wolfgang Böckenförde, Bundesverfassungsrichter)
Und hier sind wir am Kern des Problems: Sind wir bereit, für diese menschlich-positive Freiheit einzustehen? Sind wir bereit, den gemeinsamen kulturellen Boden unseres Landes – und der ist nun einmal christlich – zu akzeptieren und mitzutragen, auch wenn wir selbst anderes oder gar nichts glauben? Sind wir bereit zu bejahen, daß die Grundlagen unseres Staates (Schutz jedes Menschenlebens, Schutz der Schwachen, Unschuldsvermutung, objektive Gerichtsverfahren usw.) auch heute sinnvoll und schützenswert sind?
Ein anderer Flashmob, nämlich der in Emden, der mit einem unschuldigen Jugendlichen kurzen Prozeß machen wollte, zeigt, daß es längst andere Tendenzen gibt. Das steht zwar nicht in einem moralischen, wohl aber in einem gesellschaftlichen Zusammenhang.
Wir feiern in dieser Woche Ostern – und tun das noch bis Pfingsten. Christus hat am Karfreitag alle Gewalt und Schuld „wie ein Lamm“ auf sich genommen, ans Kreuz und ins Grab getragen, und er hat an Ostern den Tod besiegt. Seine göttliche Barmherzigkeit ist stärker unser „kurzer Prozeß“. Ostern feiern, an Christus glauben heißt, sich auf die Seite des Lebens und der Barmherzigkeit zu stellen. Ostern nicht zu feiern und an Christus nicht zu glauben schließt allerdings nicht aus, für das Leben und die Barmherzigkeit einzutreten. Und dazu kann die Stille des Karfreitags wie auch jeder Sonntag eine gute Hilfe sein, wenn wir den Sinn kennen.
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