Die calvinistischen Länder, in denen der Kapitalismus entstanden sei, weil in ihnen Reichtum als Zeichen der Erwählung gilt, üppiger Lebenswandel aber verpönt sei: seit Max Weber ein Gemeinplatz.
Nun aber sagt es ein Historiker etwas anders (Jan Pfaff, Interview mit Frank Trentmann: „Wir sind von Dingen umzingelt“. taz vom 25. 11. 2017):
«Schon im 15. Jahrhundert beginnt der Konsum, Gesellschaften stark zu prägen. Hier kann man drei Regionen unterscheiden, die unterschiedlich damit umgehen: das Italien der Renaissance, China sowie zusammengefasst die Vereinigten Niederlande und England. Die Niederlande und England ziehen konsumtechnisch dann bald davon.»
Das katholische Italien:
«Im Italien der Renaissance ist Privatkonsum sehr suspekt, Konsum soll dort nach außen gerichtet sein als etwas, das dem Gemeinwohl dient. Ein reicher Mann kann eine schöne Kapelle bauen lassen oder die ganze Stadt zum Essen einladen. Aber die Vorstellung, dass er sich in sein Eigenheim zurückzieht und dort schön lebt, ist gesellschaftlich nicht akzeptiert.»
Und die calvinistischen Länder, die Niederlande und England:
«[Prägend für unseren Konsum bis heute wird die Entwicklung in den Niederlanden und England.] Diese Länder unterscheidet, dass privater Konsum hier positiv gesehen wird. Und es gibt einen Kult um Neues, den wir bis heute kennen.»
Bis heute!
Nachtrag: «Und was ist jetzt mit China?»
«Dort gelten im 15. Jahrhundert vor allem antike Sachen als wertvoll. Der Konsum wächst auch in dieser Gesellschaft, aber der Schwerpunkt liegt auf alten Gegenständen aus der eigenen Geschichte. Das ist für die europäischen Händler ein großes Problem. Sie wollen gern chinesisches Porzellan importieren und versuchen, dafür europäische Produkte anzubieten, die ganz neu sind – was im europäischen Kontext ja positiv ist. Die chinesischen Händler antworten: „Was, das ist ganz neu? Das hat ja gar keinen Wert.“»
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Und was ist jetzt mit China?
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