Donnerstag, 17. Oktober 2024

Der echte Friedensgruß

In seinem Werk Der Geist der Liturgie (Freiburg 2000, S. 183) bemängelt Kardinal Ratzinger, daß «bei der gegenwärtigen Ordnung durch den Friedensgruß häufig eine große Unruhe in der Gemeinde entsteht.»
Dem ist so. Zwar hat schon die Institutio generalis des neuen Missale (82.) angeordnet, den Friedensgruß «nur denen zu geben, der einem am nächsten stehen, in nüchterner Weise», und unter Papst Franziskus I. hat die Gottesdienstkongregation das neu eingefordert und verschärft, doch die Wirklichkeit in unseren Kirchen ist ganz anders.
Papst Benedikt XVI. hat darum bei Gelegenheit vorgeschlagen, den Friedensgruß ostkirchlicher Sitte entsprechend zur Opferung zu verlegen. Aber eine andere Lösung erschiene sinnvoller.
Wieder einmal hatte ich Gelegenheit, an der Liturgie der syro-antiochenischen Kirche teilzunehmen, konnte dort wieder deren Friedensgruß erleben, wie wir öfters schon geschildert haben. Er wird dort wie im Novus Ordo mit den Händen weitergegeben, folgt im übrigen aber ganz der altkirchlichen Tradition des Friedenskusses. Natürlich wie in allen Ostkirchen zu Beginn der Opferung; aber nichts ist dabei, was Unruhe auslöst. Und es hat auch nichts von Handschlag; es ist eine echte Weitergabe des Friedens – die, die den Frieden mit ihren Händen empfangen und dann weitergegeben haben, streichen sich mit den Händen noch einmal übers Gesicht, um den empfangenen Frieden sich noch mehr zu eigen zu machen.
Was in der lateinischen Liturgie not täte, wäre nicht die Verlagerung des Friedensgrußes, sondern die gute Ordnung des Ritus; die syro-antiochenische Liturgie bietet da ein Vorbild, das in Einklang ist mit der älteren römischen Tradition.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen