Aus der Einleitung des Motu proprio Summorum Pontificum von Papst Benedikt XVI.: «Nachdem die inständigen Bitten dieser Gläubigen schon von Unserem Vorgänger Johannes Paul II. über längere Zeit hin abgewogen worden sind und Wir auch die Kardinäle in dem am 23. März 2006 abgehaltenen Konsistorium angehört haben, nachdem alles reiflich abgewogen worden ist, nach Anrufung des Heiligen Geistes und fest vertrauend auf die Hilfe Gottes, BESCHLIESSEN WIR mit dem vorliegenden Apostolischen Schreiben folgendes:»
Aus der Einleitung des Motu proprio Traditionis Custodes von Papst Franziskus I.: «Nachdem ich nun die von den Bischöfen geäußerten Wünsche erwogen und die Meinung der Glaubenskongregation gehört habe, ist es meine Absicht, mit diesem Apostolischen Schreiben in der beständigen Suche nach der kirchlichen Gemeinschaft weiter fortzuschreiten. Daher habe ich es für angemessen gehalten, Folgendes zu bestimmen:»
Der Unterschied der beiden Formulierungen ist markant; zunächst: Papst Benedikt hat das Kardinalskollegium einbezogen, den Senat der römischen Kirche, Papst Franziskus aber nur eine kirchliche Behörde, die Glaubenskongregation, und dazu «die Bischöfe»: «Die eingegangenen Antworten [auf den ihnen zugeschickten Fragebogen] haben eine Situation offenbart, die mich traurig und besorgt macht, und mich darin bestätigt, dass es notwendig ist einzugreifen.». Doch deren Einbeziehung war, wie in Religión en Libertad dargelegt und von einer Vielzahl bischöflicher Stellungnahmen illustriert, wohl nur eine Formalität, ohne Bedeutung für die schon zuvor getroffene Entscheidung.
Vor allem aber kommen bei Benedikt auch der Heilige Geist vor und zudem die Gläubigen, die Laien, die bei Franziskus hier keine Rolle spielen – ebendies ist es, wovor er an anderer Stelle warnt, was er dort „Klerikalismus“ nennt.
In Traditionis Custodes erklärt der Artikel 1: «Die von den heiligen Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. in Übereinstimmung mit den Dekreten des Zweiten Vatikanischen Konzils promulgierten liturgischen Bücher sind die einzige Ausdrucksform der Lex orandi des Römischen Ritus.»
Solche Bücher gibt es nicht: am Beispiel des – unter den hier gemeinten Büchern besonders bedeutsamen – Missale Romanum von 1970 haben wir kürzlich dargelegt, daß dieses nicht nur nicht dem Geist der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium des II. Vaticanum entspricht, sondern ihm zudem dem Buchstaben nach mehrfach direkt widerspricht.
Mit der Aussage des Artikels 1 «.. sind die einzige Ausdrucksform der Lex orandi des Römischen Ritus» widerspricht Franziskus I. direkt Benedikt XVI., der im Artikel 1 von Summorum Pontificum schrieb: «Das vom hl. Pius V. promulgierte und vom sel. Johannes XXIII. neu herausgegebene Römische Meßbuch hat hingegen als außerordentliche Ausdrucksform derselben „Lex orandi“ der Kirche zu gelten» – dies ist eine Feststellung, was dieses Meßbuch ausdrückt, keine disziplinarische Anordnung.
Das heißt, daß Franziskus sich der päpstlichen Autorität Benedikts schlicht entgegenstellt. Er selber aber hat keine andere Autorität; somit bestreitet er damit auch seine eigene Autorität.
«Einerseits gilt es, für das Wohl derer zu sorgen, die in der vorhergehenden Zelebrationsform verwurzelt sind und Zeit brauchen, um zum Römischen Ritus zurückzukehren, wie er von den Heiligen Paul VI. und Johannes Paul II promulgiert wurde», schreibt Papst Franziskus in seinem Brief „an die Bischöfe in aller Welt, in dem er das Motu proprio «Traditionis Custodes» … vorstellt.“ Das zeigt das Ziel, den überlieferten Ordo mit der Zeit ganz aussterben zu lassen. Das das weder geistlich noch kirchenrechtlich möglich ist, haben wir vor längerer bei einem anderen, weniger bedeutsamen Anlaß, hat ebenso Martin Mosebach jetzt dargelegt. Und was mit denen werden soll, die durch das Erlebnis der Liturgie im überlieferten Ordo zum Glauben gekommen sind (hier ein Beispiel), wird vom Papst nicht berücksichtigt.
Überhaupt zeigt dieser Brief des Papstes ein völlig verzerrtes Bild von der Wirklichkeit: «Aber nicht weniger macht mich ein instrumenteller Gebrauch des Missale Romanum von 1962 traurig, der immer mehr gekennzeichnet ist von einer wachsenden Ablehnung nicht nur der Liturgiereform, sondern des Zweiten Vatikanischen Konzils ...» – unter den Traditionalisten außerhalb der Piusbruderschaft habe ich nie jemanden die Gültigkeit des II. Vaticanum in Frage stellen hören. Eine faktische Ablehnung des II. Vaticanum dagegen findet sich, wie oben bereits angesprochen, im Missale Pauls VI. selbst.
Franziskus I. schreibt in der Einleitung von Traditionis Custodes, er wolle mit seinem Erlaß «in der beständigen Suche nach der kirchlichen Gemeinschaft weiter fortzuschreiten», er schreibt in seinem Brief, es gehe ihm darum, «die Einheit des Leibes Christi zu verteidigen.» Aber diese Einheit zu stärken war schon Ziel und Leistung von Summorum Pontificum: «Diese zwei Ausdrucksformen der „Lex orandi“ der Kirche werden aber keineswegs zu einer Spaltung der „Lex credendi“ der Kirche führen», hatte Benedikt XVI. im Artikel 1 von Summorum Pontificum geschrieben; in seinem Begleitbrief schrieb er ausführlich, wie sehr es ihm um diese Einheit ging. Doch er hat dazu den Weg der Versöhnung und Anerkennung berechtigter Anliegen gewählt und viel Erfolg erzielt; nun aber, da die Einheit durchaus, doch keineswegs durch den überlieferten Ordo gefährdet ist, sucht Franziskus I. sie durch Restriktion gegen diesen Ordo zu erreichen.
Traditionis Custodes könnte man als große Maßnahme ansehen, der Piusbruderschaft Gläubige zuzuführen (die Piusbruderschaft allerdings ist nicht zynisch genug, das so zu sehen).
Anzumerken ist noch, daß es in Traditionalistengemeinschaften kaum Fälle von sexuellem Mißbrauch und Vertuschung gibt, während sie andererseits, von Kardinal McCarrick bis zu Mons. Zanchetta, bis in die unmittelbare Umgebung von Papst Franziskus reichen.
Die Folgen einer Strafrechtsreform
vor 1 Monat
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