Donnerstag, 9. März 2023

Bischof und Traditionalismus

Im Fastenhirtenbrief des Bischofs von Dresden / Meißen – „Mutig nach dem gemeinsam Möglichen suchen“ – finden sich die Sätze: «Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Weder Traditionalismus, der einen einzelnen Moment aus der Geschichte Gottes mit uns Menschen absolut setzt, noch Nostalgie, die Vergangenes verklärt, werden uns helfen. Wir brauchen Tradition, die den Glauben in der jeweiligen Zeit verlebendigt. Es gilt, die Zeichen der Zeit zu erkennen, ohne sich gedankenlos dem Faktischen zu unterwerfen.»
Abgesehen davon, daß «die Zeichen der Zeit zu erkennen», wie das Evangelium diesen Ausdruck meint, sowieso alles andere bedeutet als «sich gedankenlos dem Faktischen zu unterwerfen»: «einen einzelnen Moment aus der Geschichte ... absolut» zu setzen, ist kein Traditionalismus, sondern eine undurchdacht konservative Haltung. Pietro Chiaranz hat zu Recht Traditionalismus sowohl dem Konservativismus als auch dem Progressismus gegenübergestellt.
Damit gemeint ist natürlich nicht jener „Traditionalismus“, den das I. Vaticanum verdammt hat und der in der reformatorischen „Diastasen“-Theologie Urständ feierte.
Traditionalismus sucht nicht «einen einzelnen Moment aus der Geschichte» zur Norm zu erheben, sondern das, was die Kirche von Anfang an „semper et ubique“ durch die Jahrhunderte überliefert hat. Diesen Traditionalismus könnte man auch einfach „Katholizismus“ nennen.
Wer sich heutzutage so wie hier der Bischof gegen „Traditionalismus“ wendet, setzt diese Tradition der Kirche, in der sich ihr Wesen niederschlägt, unterschiedslos mit zeitbedingten Strömungen und Moden der Vergangenheit gleich. Damit erweckt er den Eindruck, dieser Tradition stünden Strömungen und Moden der Gegenwart gleichwertig gegenüber, hätten sogar einen Vorzug, weil durch sie der Glaube „verlebendigt“ würde. Solche Gleichwertigkeit aber besitzt keine Strömung, am allerwenigsten eine, die sich von der Tradition der Kirche entfernt, nicht; und somit sicher nicht jene progressive Strömung, die den im Novus Ordo konservierten Klerikalismus der späten sechziger Jahre mit dem politisch korrekten Zeitgeist des XXI. Jahrhunderts verbindet.
Und diese Strömung vermag zwar noch sehr viel Aufhebens zu machen, geht geistlich aber längst aufs Nirvana zu. Die Zukunft der Kirche kann nur in echtem Traditionalismus liegen.

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