Samstag, 31. August 2024

Blau-gelbe Werbesprüche III

Eine Karte, von der AfD verteilt (mit englischer Netzadresse): „DIE AFD IST DER HÜTER DES kleinen MANNES“.
Ein Faltblatt eines hiesigen AfD-Landtagskandidaten führt „Unser Programm für Sachsen in Stichpunkten“ an. Unter der Überschrift „Sachsen in Europa“: „4. Auf freien Handel setzen“.
Der freie Handel ist es, durch den seit etwa vierzig Jahren sich der Staat hat zwingen lassen, Sozialleistungen abzubauen, auf staatliche Regulierungen zugunsten regionaler Produktion und kleiner Gewerbetreibender zu verzichten, um auf dem Weltmarkt bestehen zu können, den „Standort Deutschland“ zu schützen, wie der gängige Euphemismus lautete (der manchmal noch heute genannt wird). Nichts also mit „HÜTER DES kleinen MANNES“.
Unter der Überschrift „Familie“: „4. 5000 EUR Baby-Begrüßungsgeld für Sachsen“.
Im „Wahlprogramm der AfD Sachsen für die Landtagswahl Sachsen 2024 / Damit Sachsen Heimat bleibt“ ist unter „1.5 Baby-Begrüßungsgeld für Sachsen“ zu lesen: „Wir bekennen uns klar zu mehr Kindern und werden daher ein sächsisches Baby-Begrüßungsgeld in Höhe von 5.000 Euro einführen, um so diejenigen zu unterstützen, die Mut zu Kindern und Verantwortung als Eltern beweisen. Dieses Begrüßungsgeld soll Eltern gewährt werden, welche die alleinige deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, gemeinsam mindestens zehn Jahre in Sachsen ihren Hauptwohnsitz haben, auf eine abgeschlossene Ausbildung bzw. ein Studium verweisen können oder berufstätig sind.“ Wenn also ein Paar heiratet und einer von beiden aus einem Nachbarland kommt, Sachsen-Anhalt etwa oder Thüringen (ich kenne ein Haus, durch das die Landesgrenze mitten hindurchgeht), so muß also das Paar ein Jahrzehnt warten, bis es mit dieser Beihilfe Kinder bekommen kann. Und „auf eine abgeschlossene Ausbildung bzw. ein Studium verweisen können oder berufstätig sind“: eine Frau, die zunächst einmal nur Hausfrau und Mutter sein möchte, hat da keine Chance.

Freitag, 23. August 2024

Die Deutschen und ihre Sprache

«Ich lebe in Deutschland seit 45 Jahren und ich liebe die Deutschen und das Land, aber …», schreibt die Cembalistin und Musikwissenschaftlerin Esther Morales-Cañadas (Spezialgebiet: XVII. und XVIII. Jahrhundert). «Die Spanier lieben an erster Stelle ihr eigenes Land, was die Deutschen nicht tun, denn diese verfremden ihre eigene Sprache und ihr Essen mit fremden „Zutaten“.»
Nun, der deutschen Küche tun einige fremde „Zutaten“ durchaus gut (und sie selber kritisiert diejenigen Deutschen, «die an der spanischen Küste ihre deutsche Schweinehaxe essen»).
Aber damit, daß Deutsche («die Deutschen» – nein, ich bin davon nicht betroffen) ihre Sprache nicht lieben, sondern sie mit fremden „Zutaten“ verfremden, hat sie leider sehr recht.

Donnerstag, 15. August 2024

Rassistische Vorurteile, Antisemitismus und Antikatholizismus

Ein Zitat von Ralph Bunche, einem schwarzen US-Amerikaner, Diplomaten und Friedensnobelpreisträger von 1950:
„Rassistische Vorurteile, Antisemitismus und Antikatholizismus sind allesamt unamerikanisch und schaden der Einigkeit der Gesellschaft.“
„Unamerikanisch“, das ist natürlich keine Wertung, die für uns von Belang wäre. So aber dreierlei in einem Atemzug zu nennen – ich meine, er hat recht.

Mittwoch, 14. August 2024

Blau-gelbe Werbesprüche II

«Steuern runter / Arbeit muss sich lohnen», ist auf Wahlkampfplakaten der AfD zu lesen. Die Wirklichkeit: Arbeit, wenn es sinnvolle Arbeit ist, lohnt sich um ihrer selbst willen, nicht nur des Einkommens wegen. Aber auch, wenn es Arbeit ist, die in sich sinnlos ist, auch wenn es nur um Geld geht: man vergleiche das, was einem Arbeitnehmer, was einem Freiberufler oder Kleinunternehmer nach Steuern bleibt, mit der Höhe des Bürgergelds – auch finanziell lohnt sich Arbeit hierzulande.
Etwas anderes wäre es, wenn die AfD gefordert hätte: Krankenkassenbeiträge für Freiberufler und Kleinunternehmer runter – denn die sind bei kleinen Einkommen so drückend, daß viele von ihnen ganz auf eine Krankenversicherung verzichten müsse. Aber das fordert die AfD eben nicht. Etwas anderes wäre es auch, wenn die AfD gefordert hätte: Mehrwertsteuer runter – denn die trifft Menschen mit kleinen Einkommen ganz besonders. Aber das fordert die AfD nicht, und das hätte auch erst recht nichts mit «Arbeit muss sich lohnen» zu tun.

Donnerstag, 8. August 2024

Sprachen der Mathematik und der Theologie

«1+1=2» – so pflegten die Mathematiker bisher zu sagen.
Nun stelle man sich vor, moderne Mathematiker würden fortan sagen:
«Die Einheit vereint sich mit einer Einheit, die eine ganz andere und doch wesenhaft das Gleiche ist, in und zu einer Zweiheit, die in sich Zweiheit ist und als solche erscheint und sich uns darbietet und die in und mit sich zugleich eine neue Einheit ist und so sich vollendet und überhöht als Einheit von Einheit und Zweiheit.»
Absurd.
Nur: ich hatte in letzter Zeit Anlaß, einiges von theologischen Schriften aus den letzten sechzig Jahren zu lesen (und durchaus von soliden Theologen). Und siehe: bei ihnen klingt es gerade so wie bei jenen fiktiven modernen Mathematikern. Und von der Sprache etwa des heiligen Thomas ist ihre Sprache ebenso weit entfernt wie jener fiktive (pseudo-) mathematische Satz vom klassischen «1+1=2».

Samstag, 3. August 2024

Abschiebung ungeachtet des Grundgesetzes – eine Familie wird zerrissen

Ein Marokkaner hatte einen Asylantrag gestellt; der ist abgelehnt worden, anscheinend zu Recht. Doch der Mann ist mittlerweile mit einer deutschen Frau verheiratet, hat bisher mit ihr und den gemeinsamen Kindern zusammengelebt (www.medienservice.sachsen.de).
Dennoch hat die Ausländerbehörde entschieden, ihn abzuschieben. Da es aber offenbar keine relevanten Vorwürfe (etwa bewußt falsche Angaben, Straftaten) gegen den Mann gibt, hat das Verwaltungsgericht in einem Eilbeschluss die Abschiebung untersagt.
Die Ausländerbehörde hat ihn trotzdem abschieben lassen.
Daraufhin «verpflichtete das Verwaltungsgericht» die zuständigen Behörden «dazu, ihm binnen sieben Tagen die Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.»
Doch das Oberverwaltungsgericht hat diesen Beschluß aufgehoben.
Die Begründung ist bemerkenswert: «Allein die Ehe mit einer deutschen Ehefrau stehe seiner Ausreiseverpflichtung hier nicht entgegen. Eine Vater-Kind-Beziehung habe er nicht glaubhaft gemacht.» Im Grundgesetz steht im Artikel 6 (1): «Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.» Daß ein Mann, der mit seiner Frau und seinen Kindern zusammenlebt, ein Vater-Kind-Beziehung fürs Gericht erst noch glaubhaft müsse, ist abwegig. Andererseits wird Vätern Besuchsrecht und gar Sorgerecht selbst dann zugebilligt, wenn sie gewalttätig sind oder sich sexuelle Übergriffe zuschulden kommen lassen. Abgesehen aber davon: anders als das Gericht es vorgibt, steht nicht nur die Familie mit Kindern unter dem Schutz des Grundgesetzes, sondern auch die Ehe selbst.
Ein andermal gab es Fälle, wo Ehen als Scheinehen abgestempelt wurden, weil die Ehegatten nicht zusammenlebten, ungeachtet dessen, daß ebendies ihnen von Ausländerbehörden verwehrt wurde. Nun aber reicht es auch nicht, daß das Paar mit seinen Kindern zusammenlebt.
Der Mann «sei daher auf die Durchführung eines Visa-Verfahrens von Marokko aus zu verweisen, wenn er einen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik anstrebe.» Der Erfolg solch eines Visa-Verfahrens ist nicht sicher: «Die Visastelle prüft und entscheidet in Abstimmung mit der Ausländerbehörde [die ihn gerade abgeschoben hat] über Ihren Antrag.» Und es dauert lange: «Wartezeiten auf Termine für die verschiedenen Kategorien im Bereich nationaler Visa: ... Familienzusammenführung: über 1 Jahr».
Der deutschen Ehefrau wird also, wenn sie ihre Ehe leben will und wenn sie das Wohl der Kinder gewährleisten will, zu dem die Beziehung zum Vater gehört, nichts anderes übrig bleiben als mit ihren Kindern nach Marokko zu ziehen.
Gerade wurde in der monastischen Vesper gesungen: «Dominus custodit advenas» (Ps. 145 [146], 8). Das heißt nun nicht, daß Abschiebungen von vornherein verwerflich seien; gerechtfertigt sind sie insbesondere, wenn der Betroffene ernstlich straffällig wurde, ebenso wenn er seinen Aufenthalt durch falsche Angaben erschlichen hat. Doch ist es moralisch und dem Grundgesetz nach nicht annehmbar, wenn Christen in Länder abgeschoben werden, in denen Christen verfolgt werden, oder wenn Familien ohne eigene Schuld zerrissen werden. Von ersterem haben wir längst berichtet; und es wiederholt sich. Letzteres wiederholt sich hier also nun ebenfalls.