Heilige werden in der Apostelgeschichte und in den Briefen des Neuen Testaments alle Christen genannt, die sich zu ihren Kirchen halten. Aber in späterer Zeit – schon erahnbar in der Apokalypse – sind Heilige die, die, durch besondere Gnade berufen, in besonderer Weise ihre Hingabe an den Herrn leben. Pietro C. (La canonizzazione dei santi) spricht von «dieser Gnade, dieser besonderen Kraft, die sie sicher, heiter, stark sein läßt, auch vor tausend Leiden. Die Gegenwart dieser Kraft ist das Einzige, was einige drängt, alles zurückzulassen, heiter dem Tod entgegenzutreten. Die Gegenwart dieser Kraft hält die Märtyrer aufrecht und gibt ihnen Heiterkeit.»
Ein Heiliger in diesem Sinne war Paul VI. nicht. Er hat einst (Reinhard Raffalt schreibt davon in Wohin steuert der Vatikan. München 1973) öffentlich erklärt, seine größte Sehnsucht sei, geliebt zu werden – von Menschen. Auch ein Heiliger kann sich der Liebe von Menschen freuen; aber er ist nicht um sie besorgt: «Dios solo basta», dichtete die heilige Theresia von Avila, «Gott allein genügt».
Doch ist es seit den sechziger Jahren wieder üblich geworden, das Wort „Heilige“ auf alle Christen zu beziehen. Und eine Heiligsprechung sagt ja nur sicher aus, das der Betreffende nach seinem Tod nicht in den unteren Etagen der jenseitigen Welt versunken ist. Zwei Wunder sind bezeugt: das reicht nach den Regeln Johannes Pauls II. zu einer Heiligsprechung, hätte nach den überlieferten Maßstäben der Kirche eine Seligsprechung gestattet.
Allerdings wären dazu auch eine Überprüfung der Schriften und die Feststellung „heroischer Tugend“ erforderlich. Zugute gehalten wird da Paul VI. vor allem, daß er mit seiner Enzyklika Humanae vitae dem Zeitgeist widerstanden hat.
Doch ansonsten folgte er irgendwelchen Ratgebern, zum Teil wider besseres Wissen. «Ein seliger Papst – ein unseliger Pontifikat» haben wir bei seiner Seligsprechung geschrieben.
Bei seiner Predigt am Fest der Apostel Petrus und Paulus 1972 sagte der Papst, «aus irgendeinem Spalt sei der Rauch des Satans in den Tempel Gottes eingedrungen.» Das kann als Bilanz seines Pontifikats betrachtet werden.
Binnen eines Menschenalters sind von den Päpsten von der Mitte des XIX. bis zur Wende des XX. Jahrhunderts fünf Päpste selig-, vier gar auch heiliggesprochen worden. Die großen Päpste dieser Zeit – Leo XIII., Pius XI., Pius XII. – sind nicht darunter.
Mittwoch, 17. Oktober 2018
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